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20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

06. - 08.10.2021, digital

Welche Risikofaktoren indizieren prospektive Maßnahmen zur Dekubitusprävention – Ergebnisse einer 5-Jahres-Auswertung am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Meeting Abstract

  • Felix Walther - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland; Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement, Dresden, Deutschland
  • Luise Heinrich - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
  • Martin Rößler - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland
  • Maria Eberlein-Gonska - Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Zentralbereich Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement, Dresden, Deutschland
  • Jochen Schmitt - Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden, Dresden, Deutschland

20. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 06.-08.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dkvf259

doi: 10.3205/21dkvf259, urn:nbn:de:0183-21dkvf2596

Published: September 27, 2021

© 2021 Walther et al.
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Text

Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Die stationäre Dekubitusinzidenz ist als alters-, geschlechts- und komorbiditätsadjustierter Indikator fester Bestandteil der externen Qualitätssicherung.

Fragestellung und Zielsetzung: In dieser Arbeit wurde zusätzlich zu den bekannten Risikofaktoren der Zusammenhang zwischen Versorgungscharakteristika (u.a. Notfälle) und stationärer Dekubitusinzidenz als zusätzliche Risikofaktoren untersucht.

Methode oder Hypothese: Diese retrospektive Querschnittstudie schloss alle somatischen stationären Fälle von Patienten ≥18 Jahre und einer Verweildauer ≥48h in den Jahren 2014 bis 2018 des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden ein. Neben der klinikinternen Dekubitusdokumentation wurden die stationäre Belegungsstatistik, der Abrechnungsdaten (§ 21 KHEntgG) sowie ein Export durchgeführter Anästhesien als Datenquellen herangezogen. In die multivariate logistische Regression gingen die Inzidenz als abhängige Variable und Patienten- (Alter, Geschlecht, Komorbiditäten) und verschiedene Versorgungscharakteristika (u.a. Notfälle) als unabhängige Variablen ein.

Ergebnisse: Bei 151.682 eingeschlossenen Fällen wurden 4.663 (3,1%) Fälle mit inzidentem Dekubitus identifiziert. Das mediane Alter betrug 64 Jahre mit mehrheitlich (51,6%) männlichen Patienten. Mehr als die Hälfte der Fälle wurde regulär (57,6%) und ein Drittel als Notfall (36,3%) eingewiesen. 20% wurden intensivmedizinisch und 50% unter Vollnarkose behandelt. Nach Adjustierung der durchgehend signifikanten Patientencharakteristika Alter, Geschlecht und Komorbiditäten weisen verschiedene Versorgungscharakteristika wie Notfälle (OR 1,95, 95% CI 1,80–2,12), Zuverlegungen <24h (OR 1,71, 95% CI 1,45–2,00) und >24h (OR 1,91, 95% CI 1,68–2,18) und unter Vollnarkose durchgeführte Eingriffe (OR 1,51, 95% CI 1,40–1,63) signifikante Assoziationen zur Dekubitusinzidenz auf. Selbiges gilt für intensivmedizinische Behandlung ohne (OR 2,21, 95% CI 2,01–2,42) und mit (OR 4,94, 95% CI 4,44–5,49) Beatmung.

Diskussion: Die Regressionsergebnisse deuten darauf hin, dass nach patientenseitiger Adjustierung mehrere Versorgungscharakteristika in einem relevanten Zusammenhang zur Dekubitusinzidenz stehen. Das klinikintern standardisierte Dekubitusscreening ermöglichte die Analyse eines homogenen Datensatzes. Eine Limitation ist das monozentrische Setting.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten und relevanten Einfluss von Notaufnahmen und Zuverlegungen als Risikofaktoren eines Dekubitus im stationären Verlauf und helfen bei der prospektiven Identifikation von Risikofällen durch den § 21-Datensatz. Des Weiteren können bereits frühzeitig präventive Maßnahmen wie z.B. der Einsatz entsprechender Matratzen umgesetzt werden.

Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Die Ergebnisse indizieren weiteren Forschungsbedarf im Rahmen multizentrischer Analysen und ermöglichen die Einleitung präventiver Maßnahmen auf Grundlage prospektiver sekundärdatenbasierter Identifikation von Risikofällen.