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Wintertagung der Berlin-Brandenburgischen Augenärztlichen Gesellschaft 2021

Berlin-Brandenburgische Augenärztliche Gesellschaft

03.-04.12.2021, Berlin

Biomarker als Grundlage personalisierter Therapien – eine Standortbestimmung für die diabetische Retinopathie

Meeting Abstract

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  • Anne Rübsam - Berlin – Klinik für Augenheilkunde, Charité Campus Virchow-Klinikum

Berlin-Brandenburgische Augenärztliche Gesellschaft. Wintertagung der Berlin-Brandenburgischen Augenärztlichen Gesellschaft 2021. Berlin, 03.-04.12.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc21bbag28

doi: 10.3205/21bbag28, urn:nbn:de:0183-21bbag288

Published: January 10, 2022

© 2022 Rübsam.
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Hintergrund: Die diabetische Retinopathie (DR) ist die häufigste Ursache für Sehbehinderungen und vermeidbare Blindheit in der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Die DR-Prävalenz in der diabetischen Bevölkerung beträgt etwa ein Drittel, von denen 10% visusbedrohende Komplikationen wie das diabetisches Makulaödem (DMÖ) oder die proliferative DR (PDR) erleiden. Noch ist unklar, welche Faktoren bestimmen, ob sich ein DMÖ oder eine PDR entwickelt. Obwohl der Zusammenhang zwischen der glykämischen Kontrolle und dem Auftreten und Fortschreiten der DR unbestritten ist, zeigen wegweisende Studien, dass HbA1c-Werte nur bis zu 11% des DR-Risikos erklären. Daher werden dringend neue Biomarker benötigt, welche eine bessere Diagnostik und Risikostratifizierung ermöglichen, sowie das Therapieansprechen evaluieren und sogar prognostizieren können.

Methoden: In dieser Studie werden relevante systemische und okuläre Biomarkern in der Literatur dargestellt. Weiterhin stellen wir das institutionelle Projekt die ‚Predict Sight-Datenbank’ vor.

Ergebnisse: Bei den zirkulierenden systemischen Biomarkern korrelieren nur die HbA1c-Werte zu Studienbeginn konsistent mit der Entwicklung von PDR und DMÖ. Weitere relevante zirkulierende Biomarker sind die Advanced Glykation Endproducts (AGEs), pathogene Stoffwechselprodukte im Glucoseabbau, welche direkt, aber auch über die Aktivierung ihres Rezeptors (RAGE) zur Pathogenese der DR beitragen. Darüber hinaus wurde eine hohe Korrelation zwischen Plasmaspiegeln von bestimmter inflammatorischer Zytokine mit fortgeschrittenen Stadien der DR berichtet. Potentielle Biomarker für die Früherkennung der DR stellen zirkulierende miRNAs dar, kurze RNA-Sequenzen, welche die Genexpression regulieren.

Bei den lokalen Biomarkern konnte gezeigt werden, dass die wenig invasiven Kammerwasserproben (AH) direkt mit Glaskörperproben (VH) korrelieren und beide wertvolle Biomarker in der Diagnostik der DR und Ihrer Komplikationen generieren können. Die Analyse von VH- und AH-Proben von Diabetikern im Vergleich zu Kontrollen hat mehrere entzündliche und angiogenetische Faktoren ergeben, die bei der DR signifikant erhöht. Der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor (VEGF) ist hierbei der am besten etablierte Biomarker.

Mit der Verbesserung der retinalen Bildgebung besteht ein zunehmendes Interesse an der Bestimmung und Validierung nichtinvasiver bildgebender Parameter als mögliche Biomarker: Mikroaneurysmen Turnover in Farbfundusaufnahmen, Vorhandensein und Ausmaß bestimmter SD-OCT-Parameter wie intraretinale zystoide Räume, Hyperreflektive Foci (HF) und Disorganisation innerer Netzhautschichten (DRIL) sind hierbei einige wichtige Parameter.

Die Patientenrekrutierung und Auswertung unserer institutionellen Predict-sight-Datenbank ist weiterhin aktiv. Vorläufige Analysen deuten jedoch bereits auf Unterschiede in der T-Zell-Zusammensetzung und -Aktivierung als wichtige Faktoren für die DMÖ-Entwicklung und das Auftreten eines Visusverlustes beim DMÖ hin.

Zusammenfassung: Ein einziger Biomarker kann die Komplexität der verschiedenen DR-Phänotypen nicht ausreichend abbilden. Daher wird wahrscheinlich eine Kombination aus Bildgebung, genetischen und molekularen Biomarkern notwendig sein um individuelle Krankheitsverläufe und Therapieansprechen korrekt definieren zu können.