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64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

08. - 11.09.2019, Dortmund

Die Digitalisierung der Neuropathologie am Beispiel der digitalen Biopsie: Eine qualitative Untersuchung zur Erforschung der potentiellen Auswirkungen

Meeting Abstract

  • Lisa Heninger - Hochschule Neu-Ulm, Neu-Ulm, Germany
  • Marina Fotteler - Hochschule Neu-Ulm, Neu-Ulm, Germany
  • Felix Holl - Hochschule Neu-Ulm, Neu-Ulm, Germany; University of California, San Francisco, San Francisco, United States of America; Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Germany
  • Jürgen Schlegel - Technische Universität München, München, Germany
  • Walter Swoboda - Hochschule Neu-Ulm, Neu-Ulm, Germany

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 64. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Dortmund, 08.-11.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAbstr. 67

doi: 10.3205/19gmds080, urn:nbn:de:0183-19gmds0800

Published: September 6, 2019

© 2019 Heninger et al.
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Text

Einleitung: Die operative Entfernung eines Gehirntumors ist komplex und eine möglichst vollständige Tumorresektion ist essentiell [1], [2], [3]. Der Neurochirurg muss während der Operation regelmäßig die Grenze zwischen gesundem Gewebe und Tumorgewebe überprüfen. Die herkömmliche Methode zur intraoperativen Tumorbeurteilung sieht die Entnahme einer Biopsie zum Schnellschnitt vor, die dem Neuropathologen zur makro- und mikroskopischen Untersuchung übersandt wird. Der Transport der Probe, die Untersuchung der Biopsie und die Rückübermittlung der Diagnose in den Operationssaal können zu einer Verlängerung der Operationsdauer führen [3]. Die digitale Biopsie kann zukünftig eine Alternative zur Schnellschnittmethode sein, da sie die intraoperative Gewebediagnose in Echtzeit ermöglicht [4], [5]. Die vorliegende Studie hatte das Ziel durch Befragung relevanter Stakeholder mögliche Auswirkungen der digitalen Biopsie in der Neuropathologie in medizinischer, ökonomischer, sozialer, technischer und ethisch-rechtlicher Hinsicht zu erforschen.

Methodik: Im Rahmen einer qualitativen Befragung wurden sieben Experten zu den Auswirkungen der digitalen Biopsie befragt. Um das Thema aus verschiedenen fachlichen Perspektiven beleuchten zu können, wurde ein heterogener Expertenpool mit Personen aus mehreren, von der digitalen Biopsie betroffenen, Bereichen gewählt: Neuropathologie, Neurochirurgie, Pflege, Kostenträger, Medizintechnik, Prozessmanagement und Wissenschaft. Die vorliegende Studie dient zur Voranalyse für ein größeres Projekt, weshalb es sich um eine willkürliche Stichprobe (convenience sample) handelt. Alle sieben Experten haben jedoch Erfahrung mit Digitalisierung im Gesundheitswesen und sind in der Lage die Auswirkungen kritisch zu reflektieren. Die Interviews wurden persönlich oder telefonisch durchgeführt und folgten einem teilstandardisierten Fragebogen. Nach der Transkription erfolgte eine kategorische Auswertung der Ergebnisse anhand von Kodierungen.

Ergebnisse: Insgesamt wurden aus den sieben Interviews 109 Zitate zur Kodierung extrahiert, wobei sowohl Aussagen zur digitalen Biopsie als auch Aussagen zur Digitalisierung im Allgemeinen berücksichtigt wurden. 156 einzelne Kodierungspunkte wurden auf die Zitate verteilt. Die meisten Aussagen (N=56) bezogen sich auf die Auswirkungen ökonomischer Art, sowohl positiv (Effizienzgewinn) als auch negativ (verlängerte Prozessdauer und hohe Kosten). 47 Aussagen wurden der Kategorie sozial zugeordnet, 34 bezogen sich auf medizinische Auswirkungen, wobei ausschließlich eine Verbesserung von Therapie und Behandlung erwartet wurde. 12 Aussagen betrafen rechtlich-ethische Aspekte und 9 Zitate wurden einer technischen Kategorie zugeteilt.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Untersuchung und die aktuelle Literatur bestätigen das Potential der digitalen Biopsie. Das größte Potential besteht im Hinblick auf eine Verbesserung der Behandlung. Die Ergebnisse basieren auf einer qualitativen Befragung einer kleinen Auswahl von Experten. Darüber hinaus ist die digitale Biopsie ein sehr spezifisches Thema. Nur wenige Personen besitzen die nötige Expertise für eine eindeutige Bewertung, daher konnten nur vergleichsweise wenige Aussagen speziell zur digitalen Biopsie getroffen werden. Diese Faktoren schränken die Validität der Ergebnisse ein. Neben den Vorteilen der verbesserten Therapie für den Patienten und einem möglichen Effizienzgewinn, hat die digitale Biopsie auch Potential für telepathologische Ansätze [2], [3], [5]. Vor allem in hochspezialisierten Gebieten wie der Neuropathologie erscheint dies sinnvoll. Für eine Etablierung in der Praxis muss das Verfahren weiter untersucht werden.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


Literatur

1.
Breuskin D, Szczygielski J, Urbschat S, Kim YJ, Oertel J. Confocal Laser Endomicroscopy in Neurosurgery — An Alternative to Instantaneous Sections? World Neurosurgery. 2017 Apr 1;100:180-5.
2.
Sanai N, Eschbacher J, Hattendorf G, Coons SW, Preul MC, Smith KA, et al. Intraoperative confocal microscopy for brain tumors: a feasibility analysis in humans. Neurosurgery. 2011;68(2 Suppl Operative):282-90.
3.
Sankar T, Delaney PM, Ryan RW, Eschbacher J, Abdelwahab M, Nakaji P, Coons SW, Scheck AC, Smith KA, Spetzler RF, Preul MC. Miniaturized handheld confocal microscopy for neurosurgery: results in an experimental glioblastoma model. Neurosurgery. 2010 Feb 1;66(2):410-8.
4.
Carl Zeiss Meditec AG. Implementation of confocal endomicroscopy in brain surgery. Laser + Photonics. 2018:10.
5.
Eschbacher J, Martirosyan NL, Nakaji P, Sanai N, Preul MC, Smith KA, Coons SW, Spetzler RF. In vivo intraoperative confocal microscopy for real-time histopathological imaging of brain tumors. Journal of Neurosurgery. 2012 Apr 1;116(4):854-60.