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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

TiP.De – Theater in der Pflege von Menschen mit Demenz. Ergebnisse aus dem interdisziplinären Forschungsprojekt zum Einfluss von Theaterpädagogik auf die Lebensqualität dementiell erkrankter Menschen im Setting der Altenpflege

Meeting Abstract

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  • Franziska Cordes - Hochschule Osnabrück, Fakultät Management, Kultur und Technik, Institut für Duale Studiengänge, Lingen (Ems), Germany
  • Stefanie Seeling - Hochschule Osnabrück, Fakultät Management, Kultur und Technik, Institut für Duale Studiengänge, Lingen, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf463

doi: 10.3205/19dkvf463, urn:nbn:de:0183-19dkvf4633

Published: October 2, 2019

© 2019 Cordes et al.
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Hintergrund: Derzeit leben rund 1,7 Mio. Menschen mit Demenz (MmD) in Deutschland. Im Jahr 2050 werden aufgrund der steigenden Lebenserwartung bundesweit drei Mio. MmD erwartet. Da zwischen 50 und 80 Prozent vollstationäre Versorgung bedürfen, ist eine langfristig wirksame Umstellung von Pflege und Betreuung anzustreben [1].

‚TiP.De – Theater in der Pflege von Menschen mit Demenz‘ erforscht als Pilotprojekt den Einfluss theaterpädagogischer Methoden auf die Lebensqualität von MmD im Setting der Altenpflege. Das Projekt findet von April 2017 bis März 2020 unter finanzieller Förderung des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung und des Land Niedersachsen (EFRE, ZW 6-85003210) statt.

Fragestellung: Die Fragestellung, inwieweit theaterpädagogische Interventionen Einfluss auf die Lebensqualität und agitiertes Verhalten von MmD nehmen, wird verfolgt [2].

Das Ziel des Projektes ist es, ein theaterpädagogisches Interventionskonzept zu entwickeln und in zwei Altenpflegeeinrichtungen zu implementieren, um Ergebnisse über die Wirksamkeit zu generieren und die Versorgung von MmD zu individualisieren.

Methode: In der experimentellen Interventionsstudie wird der Effekt des theaterpädagogischen Konzeptes auf MmD erforscht. Der Mini-Mental-Status-Test misst den Grad der Erkrankung. Lebensqualität wird durch das QUALIDEM 2.0 erhoben. Agitiertes Verhalten bildet das Cohen-Mansfield Agitation Inventory ab. Die emotionale Skala des Heidelberger Instruments zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker wird während des Angebots angewendet, um emotionale Regungen auf unterschiedliche Reize zu registrieren. Die Daten werden im Prä-Post-Vergleich gegenübergestellt. In die Studie werden 40 Teilnehmende mit der Diagnose Demenz, mindestens zwei Pflegediagnosen nach den European Nursing Care Pathways und gesicherter Mobilität aufgenommen.

Das jeweils zehn Einheiten umfassende Interventionskonzept wurde im Jahr 2018 mit vier unterschiedlichen Gruppen in zwei Altenpflegeeinrichtungen angeboten. Es fügte sich in die Lebenswelt der Teilnehmenden und den Alltag der Einrichtungen ein, da eine inhaltliche Orientierung an der Landwirtschaft bestand, welche die Region und die Biografie der Teilnehmenden bis in die 1970er Jahre prägte [2].

Als Spielleitung gibt die Theaterpädagogin Impulse zur Aktivierung in die Interventionsgruppe, während eine Betreuungskraft als Spielbegleitung die Impulse verstärkt und sich um die persönlichen Bedürfnisse der Teilnehmenden während der Intervention kümmert [3].

Ergebnisse: Studien zur Theaterarbeit mit älteren Menschen zeigen, dass Theaterspielen die Lebensqualität erhalten und verbessern kann [4], weshalb erwartet wird, dass ein messbar positiver Effekt der Theaterinterventionen auf Lebensqualität, agitiertes Verhalten und Krankheitsgrad der MmD zu verzeichnen ist.

Diskussion: Mit Methoden der Theaterpädagogik werden in der Pflege von MmD neue Wege erschlossen, um die Versorgung zu individualisieren, die Lebensqualität zu verbessern und die Beziehungsgestaltung sicherzustellen. Somit kann der anfangs geschilderten Forderung nach einer Anpassung der pflegerischen Versorgung von MmD Folge getragen werden.

Praktische Implikationen: Das theaterpädagogische Interventionskonzept wird als Methodenkoffer veröffentlicht, um das Betreuungsangebot mit dem Ziel der Beziehungsgestaltung in das Setting der Altenpflege zu integrieren. Dies zielt auf eine Verbesserung der Versorgungssituation und der Lebensqualität, sowie die im Expertenstandard des DNQP geforderte Beziehungsgestaltung in der Pflege von MmD ab [5]. Das Konzept schafft ein neues Arbeitsfeld für Theaterpädagogen/innen und trägt zu einer positiv empfundenen Arbeitssituation und -belastung für Pflegende bei [2].


Literatur

1.
DAK-Gesundheit (DAK), Hrsg. Pflegereport 2018. Pflege von Ort – gelingendes Leben mit Pflegebedürftigkeit. 2018 [abgerufen am 12.03.2019]. Verfügbar unter: https://www.dak.de/dak/download/pflegereport-2018-2041452.pdf External link
2.
Seeling S, Cordes F, Höhn J. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt TiP.De – Theater in der Pflege von Menschen mit Demenz. Der Effekt der Theaterpädagogik auf die Lebensqualität von Menschen mit Demenz – ein interdisziplinäres Forschungsprojekt. Pflegewissenschaft. 2018;20(7/8):296-303.
3.
Höhn J, Seeling S, Cordes F. Der Kreis als Bühne theatraler Erinnerungen. Theater in der Pflege von Menschen mit Demenz. Zeitschrift für Theaterpädagogik. 2018;34(73):53-56.
4.
Seeling S, Cordes F. TiP.De – Theater in der Pflege von Menschen mit Demenz. Eine Literaturrecherche zum Start des interdisziplinären Forschungsprojektes in der Altenpflege. Pflegewissenschaft. 2017;19(9/10):433-439.
5.
Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP). Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz. Osnabrück: Hochschule Osnabrück; 2018.