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18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

09. - 11.10.2019, Berlin

Zurückgelegte Wegzeiten von Patienten mit Psoriasis in Deutschland

Meeting Abstract

  • Nicole Zander - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Anna Langenbruch - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany
  • Jobst Augustin - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Germany

18. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 09.-11.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc19dkvf166

doi: 10.3205/19dkvf166, urn:nbn:de:0183-19dkvf1664

Published: October 2, 2019

© 2019 Zander et al.
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Text

Hintergrund: Studien haben gezeigt, dass Patienten oftmals lange Anfahrtswege für ihre regelmäßige Behandlung in Kauf nehmen. Im Fall der Psoriasis (Schuppenflechte) stellt sich die Behandlung sehr komplex dar und oftmals dauert es lange, bis die für einen Patienten optimale Therapie gefunden wird. Die vergleichsweise hohe Krankheitslast dieser chronischen Erkrankung ist mit starken Einschränkungen in der Lebensqualität verbunden, sodass Patienten mit Psoriasis in besonderem Maße dazu bereit sind, weite Wege zum behandelnden Arzt auf sich zu nehmen.

Fragestellung: Das Ziel der vorliegenden Studie war es, zurückgelegte Wegzeiten von Patienten mit Psoriasis zu bestimmen und Prädiktoren zu identifizieren.

Methode: Es wurde eine multizentrische, deutschlandweite Querschnittsstudie durchgeführt. Standorte von Dermatologen und Patienten wurden dabei auf Basis der Postleitzahlen (PLZ) bestimmt. Für die Dermatologen lagen zudem die exakten Adressen vor. Die zurückgelegten Wegzeiten wurden durch die Patienten geschätzt. Um Prädiktoren dieser Wege zu identifizieren, wurde eine multiple Regressionsanalyse durchgeführt. Als potenzielle beeinflussende Faktoren wurden dabei soziodemographische und klinische Parameter der Patienten, systembedingte Variablen (Arztdichte und Wartezeiten), Urbanität (zusammengefasster Kreistyp) und die Bewertung des Arztes in Online-Bewertungsportalen berücksichtigt.

Ergebnisse: Es wurden 497 Patienten aus 29 Praxen in die Analysen eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug 49,7 ± 14,9 Jahre, 41,4 % waren weiblich. Der mittlere Schweregrad, gemessen anhand des PASI (Psoriasis Area and Severity Index, Skala 0-72) lag bei 6,9 ± 8,4 und die Einschränkung der Lebensqualität, gemessen am DLQI (Dermatology Life Quality Index, Skala 0-30) bei 6,2 ± 6,7. Die Patienten benötigten im Mittel 27,2 ± 22,9 Minuten (Median 20 Minuten), um ihren derzeitigen Arzt zu erreichen, 80,9 % suchten einen Arzt in einem anderen PLZ-Bezirk als der ihres Wohnortes auf. Im Schnitt haben die Patienten 3 verschiedene Dermatologen seit der Diagnosestellung konsultiert und hatten in den letzten 12 Monaten 7,1 Arztkontakte wegen ihrer Psoriasis. Die Zeit zwischen Terminvereinbarung und Erstkontakt beim aktuellen Dermatologen betrug bei 10,9 % einen Monat oder länger. Das erste Prädiktionsmodell legt nahe, dass das Nettoäquivalenzeinkommen, die Anzahl der konsultieren Dermatologen seit Diagnosestellung, ein ländlicher Wohnort, längere Wartezeiten auf Termine und die Bewertung des Arztes in Online-Bewertungsportalen positiv mit längeren Wegzeiten assoziiert sind. Höheres Alter war ein negativer Prädiktor. Die Patienten gaben an, dass sie für die regelmäßige Behandlung ihrer Psoriasis bereit wären, einen Anfahrtsweg von 58,1 ± 46,8 Minuten (Median 60 Minuten) auf sich zu nehmen.

Diskussion: Es konnte gezeigt werden, dass viele Patienten mit Psoriasis lange Wegzeiten zurücklegen und mitunter sogar bereit wären, noch weiter zu fahren. Dies unterstreicht die hohe Krankheitslast und den Bedarf an adäquaten Therapiemöglichkeiten. Die zurückgelegten Wegzeiten werden bedingt durch individuelle patientenseitige Faktoren, systembedingte Faktoren (Arztdichte und Wartezeiten), der Urbanität und der wahrgenommenen Qualität des Arztes, anhand von Online-Bewertungen dargestellt. Es konnte kein signifikanter Einfluss von Schweregrad und Einschränkung der Lebensqualität festgestellt werden. Dies ist vermutlich vor allem durch das Querschnittsdesign der Studie zu begründen. In dieser ersten Analyse wurden die Wegzeiten durch die Patienten geschätzt. Die Ergebnisse erscheinen plausibel, sollen aber im Folgenden auf Basis von geographischen Netzwerkanalysen verifiziert werden.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse haben einen Nutzen für die Versorgung der Psoriasis an sich, lassen sich aber auch auf die Bedarfsplanung übertragen, wenn es um die Darstellung von Mitversorgungseffekten von Metropolregionen sowie „Bypassing“ (Nicht-Inanspruchnahme des nächstgelegenen Arztes) geht.