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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Ist das Verletzungsmuster nach einem Gleitschirmabsturz ein mögliches Traumamodell für Unfälle beim autonomen Fahren?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Jan Vastmans - BG Unfallklinik Murnau, Zentrum für Rückenmarkverletzte, Murnau, Germany
  • Simon Hackl - BG Unfallklinik Murnau, Zentrum für Rückenmarkverletzte, Murnau, Germany
  • Peter Augat - BG Unfallklinik Murnau, Institut für Biomechanik, Murnau, Germany
  • Fabian Stuby - BG Unfallklinik Murnau, Unfallchirurgie, Murnau, Germany
  • Florian Högel - BG Unfallklinik Murnau, Zentrum für Rückenmarkverletzte, Murnau, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB69-334

doi: 10.3205/19dkou636, urn:nbn:de:0183-19dkou6365

Published: October 22, 2019

© 2019 Vastmans et al.
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Text

Fragestellung: In den nächsten Jahren wird das autonome Fahren zunehmen. Für längere Strecken werden die Autoinsassen vermutlich die für sich bequemste Sitz- oder Liegeposition einnehmen wollen, z.B. angegurtet in einem um 90° gekippten Sitz. Eine vergleichbare Sitzposition findet sich beim Gleitschirmfliegen. Zielsetzung dieser Arbeit war daher die Untersuchung des Einflusses dieser fest vorgegebenen Körperposition durch das Gurtsystem auf das Verletzungsmuster beim Gleitschirmabsturz.

Methodik: Hierzu wurden im Rahmen einer retrospektiven Studie von 2010 bis 2017 alle ambulant und stationär behandelten Patienten nach Gleitschirmunfällen erfasst und hinsichtlich des Unfallhergangs sowie des Verletzungsmusters analysiert und bei Wirbelsäulenverletzungen zusätzlich der Schweregrad anhand der AO Spine Klassifikation ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von insgesamt 154 Gleitschirmunfällen (45,1 Jahre, m. 128, f. 26, BMI 24,3 kg/m2, ASA 1,4) fand bei 53 Pat. der Unfall beim Start oder Landung und bei 101 Pat. durch Absturz während der Flugphase (mittl. Absturzhöhe 13,7 M.) statt.

Bei Abstürzen kam es hauptsächlich zu Verletzungen des Körperstammes mit 106 Verletzungen der Wirbelsäule (ohne AO Spine A0) mit hierbei 36 BWS- und 70 LWS-Verletzungen, wobei der thorakolumbale Übergang mit 81 Verletzungen (T11: 4, T12: 19, L1: 40, L2: 18) am häufigsten betroffen war. Bei 21 Pat. traten Kombinationsverletzungen von 2 oder mehreren WK auf, wobei der 1. LWK immer mitbetroffen war. Führender Frakturtyp im thorakolumbalen Übergang waren komplexe A-Frakturen (A1: 13, A2: 6, A3: 33, A4: 16, B: 2; C: 1), 9 Mal mit neurologischem Defizit (T11: 1, T 12: 2, L1: 5, L2: 1). Im ob. BWS-Bereich (T 1. bis 10.) 10 Frakturen, aber höhergradige Verletzungen (2 B und 2 C). In der unt. LWS (L3. bis 5) kam es zu insgesamt 29 Frakturen, mit auch hier höhergradigen Verletzungen (A1: 0, A2: 3, A3: 8, A4: 13, B: 0; C: 3), 6 x mit neurologischem Defizit (4x LWK 3). Es kam auch zu Becken- (9) und stumpfen Thoraxverletzungen (31) und 42 Mal zu Extremitätenverletzungen (15 ob. und 27 unt. Extr.)

Aufgrund der während des Flugs vorgegebenen sitzenden Position im Gurt treten bei einem Absturz hauptsächlich Verletzungen des Körperstammes (Wirbelsäule, Thorax und Becken) auf, wobei in Höhe der Wirbelsäule der thorakolumbale Übergang am häufigsten betroffen ist und die übrige Brust- und Lendenwirbelsäule deutlich weniger, aber mit schwererem Verletzungsmuster, beteiligt sind. Ein vergleichbares Verletzungsmuster kann in Zukunft bei zunehmender Verbreitung des autonomen Fahrens mit Kippen des Sitzes um 90 Grad erwartet werden. Die momentan noch bei einem Autounfall führenden Verletzungen der Extremitäten und des Thorax werden vermutlich dann eine eher untergeordnete Rolle spielen.