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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Temperaturentwicklung beim Einbringen von Schrauben in den humanen Femurschaft

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Berit Paul - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Albert-Schweitzer-Campus 1, Münster, Germany
  • Andre Frank - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Albert-Schweitzer-Campus 1, Münster, Germany
  • Michael J. Raschke - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Albert-Schweitzer-Campus 1, Münster, Germany
  • Dirk Wähnert - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Albert-Schweitzer-Campus 1, Münster, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB35-1172

doi: 10.3205/19dkou245, urn:nbn:de:0183-19dkou2458

Published: October 22, 2019

© 2019 Paul et al.
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Text

Fragestellung: Die thermische Schädigung des Knochens durch das Einbringen von Osteosynthese Material ist als Ursache für Komplikationen wie Frakturen und Implantatlockerungen - im Gegensatz zum Bohren (Augustin et al. 2008) - noch weitestgehend unberücksichtigt. Bei beidem ist mit thermal bedingten osteonekrotischen Schäden bereits ab 47°C (Einwirkzeit 1 min) (AR Eriksson et al. 1983) zu rechnen. Diese Studie untersucht daher die Temperaturentwicklung während des Eindrehens von Schrauben in humane Femurdiaphysen. Es werden die Zusammenhänge zwischen Eindrehgeschwindigkeit, Schraubenmaterial und Schraubenart unter Berücksichtigung der Knochenqualität bewertet.

Methodik: An zehn Paaren humaner Femora wurden nach Bestimmung der Knochendichte mittels qCT jeweils sechs Bohrlöcher vorgebohrt. Anschließend wurden die Schrauben (5x50mm Kopfverriegelungsschrauben/4,5x50mm Kortikalisschrauben aus Stahl oder Titan) in den Knochen eingebracht. Dabei wurde jede Schraube für zwei Verschraubungen verwendet (n=120). Pro Knochen wurden drei Verschraubungsmodi getestet (maximale Drehzahl, verminderte Drehzahl, sowie manuelle Verschraubung). Die Temperaturableitung wurde über einen Datenlogger mit Hilfe von Temperatursensoren (n=7) gemessen, welche in der An- und Gegenkortikalis (AK/GK) fixiert wurden. Die kategorialen Parameter wurden jeweils mit einem Man-Whitney-U-Test bzw. einem Kruskal-Wallis Test mit Bonferroni Korrektur betrachtet, die stetigen Parameter mit einer bivariaten Korrelation nach Pearson und Spearman. Zusätzlich wurde ein Koeffizient, welcher die Temperaturentwicklung pro Knochendichte einschließt implementiert, um mögliche Einflussgrößen der BMD zu minimieren.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es zeigt sich kein signifikanter Unterschied in der Temperaturentwicklung zwischen erster und zweiter Verschraubung derselben Schraube, so dass alle 120 Messungen in die Auswertung eingehen. Im Mittel wurde der Knochen um 12,4 °C wärmer (max. 34,4°C). Die AK weist im Mittel eine signifikant geringere Hitzeentwicklung auf als die GK (6,2°C Differenz AK/GK). Darüber hinaus weisen Kortikalisschrauben eine höhere Temperaturentwicklung auf als Verriegelungsschrauben (Ø 3,5°C). Das Material hat keinen relevanten Einfluss auf die Temperaturentwicklung. Es besteht ein schwach signifikanter Unterschied in dem direkten Vergleich von maschineller zu Handverschraubung. Bei Handverschraubung wurde eine höhere Temperatur (Ø 2,3°C) gemessen.

Die durchschnittliche Temperaturentwicklung beim Eindrehen von Schrauben kann bereits osteonekrotische Grenzbereiche überschreiten und somit Komplikationen begünstigen. Die höhere Temperaturentwicklung an der GK birgt die klinische Frage einer effektiven Kühlung. Auch die bisherige klinische Maxime „Handverschraubung vor maschineller Verschraubung“ ist bisweilen in Frage zu stellen. Eine Empfehlung zur individualisierten Abwägung bezüglich der Verschraubungsmethode in Abhängigkeit zur Knochenqualität des Patienten scheint sinnvoll und sollte in weiteren Versuchen vertieft werden.