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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Langzeitversorgung nach Herzinfarkt – Triangulation qualitativer und quantitativer Ergebnisse zur medikamentösen Teritiärprävention

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Wolfram J. Herrmann - Hochschule Furtwangen, Furtwangen, Deutschland; Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Raven Ulrich - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Christian Freier - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Jonathan Pohl - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Christoph Heintze - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV41-03

doi: 10.3205/19degam070, urn:nbn:de:0183-19degam0707

Published: September 11, 2019

© 2019 Herrmann et al.
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Text

Hintergrund: Aufgrund des verbesserten Überlebens sind Patienten mit einem überlebten Herzinfarkt häufig in der hausärztlichen Praxis. Ein wichtiger Baustein der Tertiärprävention ist die medikamentöse Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern (TAH), Statinen, ACE-Hemmern und Betablockern. Über die Versorgungssituation langfristig nach Herzinfarkt ist jedoch wenig bekannt.

Fragestellung: Wie ist die Versorgungssituation von Patienten in Deutschland ein Jahr nach Herzinfarkt und wie lässt sich diese hinsichtlich der Medikation verbessern?

Methoden: Ein Mixed Methods Ansatz mit der Analyse von Routinedaten, qualitativen Interviews mit Hausärzten und mit Patienten. Anhand der Abrechnungsdaten von 500.002 AOK-Patienten wurden die Inanspruchnahme von Versorgung und die Medikation mit TAH, Statinen, ACE-Hemmern und Betablockern im Zeitverlauf bei 2352 Patienten nach einem Herzinfarkt untersucht. In den qualitativen Daten wurden 15 Interviews mit Hausärzten und 15 Interviews mit Patienten mittels Framework Analyse ausgewertet und die Perspektiven zu Medikation und Compliance herausgearbeitet. Die Ergebnisse aller drei Ansätze wurden trianguliert.

Ergebnisse: Anhand der Routinedatenanalysen ergibt sich eine kontinuierliche Abnahme der empfohlenen Medikation mit durchschnittlich nur noch der Hälfte der empfohlenen Wirkstoffgruppen ein Jahr nach Herzinfarkt. Insbesondere ältere Frauen sind unterversorgt. Aus hausärztlicher Perspektive setzen Patienten häufig Medikamente ab, da sie keine Beschwerden haben und aus Sicht der Hausärzte die Folgen nicht überblicken. Als Maßnahme geben die interviewten Hausärzte an, mit den Folgen eines erneuten Herzinfarktes zu drohen. Aus Patientensicht ist Angst vor einem erneuten Herzinfarkt eine wichtige Motivation zur Medikamenteneinnahme, während fehlende Beschwerden eher zum eigenständigen Absetzen von Medikamenten führen.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die langfristige Medikation nach Herzinfarkt im Sinne einer Tertiärprävention für Hausärzte und Patienten eine Herausforderung darstellt; insbesondere auf Patienten ohne Beschwerden und ältere Frauen sollte geachtet werden. Statt drohende Folgen in den Mittelpunkt zu stellen, könnte motivierende Gesprächsführung ein Ansatz zur Verbesserung der Adhärenz sein.

Take Home Message für die Praxis: Ein Jahr nach Herzinfarkt bietet sich eine gute Gelegenheit die Medikation gemeinsam mit dem Patienten anzusprechen.