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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Einflussfaktoren auf den Umgang mit therapeutisch unbestimmten Situationen in der hausärztlichen Praxis

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Klaus Linde - Technische Universität München, Fakultät für Medizin, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Christina Huber - Technische Universität München, Fakultät für Medizin, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Robert Bayer - Technische Universität München, Fakultät für Medizin, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Agnes Ostermaier - Technische Universität München, Fakultät für Medizin, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Niklas Barth - Technische Universität München, Fakultät für Medizin, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV22-03

doi: 10.3205/19degam036, urn:nbn:de:0183-19degam0369

Published: September 11, 2019

© 2019 Linde et al.
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Outline

Text

Hintergrund: In ihrer praktischen Arbeit sind HausärztINNeN häufig mit „therapeutisch unbestimmten Situationen“ (TUS) konfrontiert. Diese sind durch zwei Bedingungen charakterisiert: 1) Von Seiten des Patienten und/oder des Arztes besteht der Wunsch nach einer Behandlung; 2) entweder ist eine Behandlung medizinisch nicht wirklich nötig, eine anerkannte Behandlung ist nicht vorhanden, oder eine anerkannte Behandlung wird vom Patienten nicht akzeptiert. TUS ergeben sich z.B. bei der Behandlung von Patienten mit selbstlimitierenden Beschwerden, Befindlichkeitsstörungen, chronisch-funktionellen Erkrankungen und somatoformen Störungen.

Fragestellung: Welche Faktoren beeinflussen den Umgang mit TUS in der hausärztlichen Praxis?

Methoden: Es wurden drei qualitative Studien mit Interviews mit erfahrenen HausärztINNen (n=20; Auswertungsmethode: grounded theory; abgeschlossen), jungen AllgemeinmedizinerINNEn (n=13; strukturierende Inhaltsanalyse; in Berichtserstellung) und HausärztINNen, die in Deutschland und einem Land mit einem deutlich anderen Gesundheitssystem (primär UK, Nor, NL und Südtirol) gearbeitet haben (n bisher 12; thematische Analyse; in Durchführung/Auswertung), durchgeführt. Ergebnisse aus allen drei Studien werden integriert.

Ergebnisse: Für erfahrene HausärztINNen sind TUS ein wichtiger Bestandteil der hausärztlichen Arbeit. Sie entwickeln pragmatische Handlungsstrategien, die aus einer variablen Mischung von Gespräch, komplementärmedizinischen, symptomatischen und unspezifischen Behandlungen bestehen können. Junge AllgemeinmedizinerINNEN nehmen TUS nicht so deutlich wahr, wie dies die erfahrenen Ärzte retrospektiv betrachtet tun. Sie scheinen noch stark durch Studium und die klinische Weiterbildungsphase geprägt zu sein. Die Sichtung der Interviews aus dem „Ländervergleich“ zeigt zunächst eindrücklich, in welchem Ausmaß das hausärztliche Arbeiten durch kulturelle und Systemeinflüsse geprägt wird. Beim Umgang mit TUS spielen komplementärmedizinische Verfahren häufig eine viel geringere Rolle, für das Gespräch steht zum Teil deutlich mehr Zeit zur Verfügung. In Deutschland nehmen die Hausärzte einen besonders großen Behandlungsdruck wahr.

Diskussion: Die dritte Studie ist noch nicht abgeschlossen und die Zusammenführung der Ergebnisse der Studien erfolgte primär aus Sicht des Erstautors.

Take Home Message für die Praxis: Die Wahrnehmung von und der Umgang mit TUS werden maßgeblich durch praktische Erfahrung, kulturelle und Systembedingungen geprägt.