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17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

10. - 12.10.2018, Berlin

Einflussfaktoren auf die Gesundheitskompetenz in einer ländlich geprägten Region

Meeting Abstract

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  • Lisa Galler - Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Osnabrück
  • Markus Lüngen - Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Osnabrück
  • Anne Paul - Hochschule Osnabrück, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Osnabrück

17. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 10.-12.10.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18dkvf215

doi: 10.3205/18dkvf215, urn:nbn:de:0183-18dkvf2159

Published: October 12, 2018

© 2018 Galler et al.
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Hintergrund: Gesundheitskompetenz bzw. Health Literacy kann Auswirkungen auf den Gesundheitszustand, das Gesundheitsverhalten und die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen haben. Gesundheitskompetenz entwickelt sich auf Basis individueller Eigenschaften sowie systembedingter Leistungen. Die Kompetenzen sind weiterhin abhängig von den zur Verfügung gestellten Informationen (vgl. Robert Koch-Institut 2015).

In einer konkreten Studie für die betroffene Region, gefördert durch öffentliche Mittel, werden die Gesundheitskompetenz der Allgemeinbevölkerung analysiert und systematische Probleme hinsichtlich der Möglichkeit zur Entwicklung von Gesundheitskompetenz ermittelt.

Fragestellung:

  • Wie stellt sich die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in der betroffenen Region dar?
  • Welche Faktoren haben Einfluss auf die Gesundheitskompetenz?
  • Welche Faktoren schränken die Entwicklung von Gesundheitskompetenz in der Regi-on ein?

Methode: Das Forschungsvorhaben basiert auf zwei methodischen Ansätzen:

1.
Qualitative Datenerhebung mittels Experteninterviews: Politiker/innen, Vertreter/innen von entsprechenden Verbänden und Leistungserbringer wurden persönlich über nichtstandardisierte Interviews anhand eines Leitfadens befragt. Dazu wurde ein Interviewleitfaden für Leistungserbringer der Region erstellt, ein zweiter Leitfaden für Vertreter/innen von Institutionen. Die Interviews wurden transkribiert und in Bezug auf Problembereiche in der Region ausgewertet.
2.
Quantitative Datenerhebung mittels schriftlicher Befragung der Allgemeinbevölkerung: Zur schriftlichen Befragung der Allgemeinbevölkerung in der Region – u.a. zur Messung der Gesundheitskompetenz anhand des HLS-EU-Q16 – wurde ein Fragebogen entwickelt. Die Fragen wurden, sofern möglich, aus den Befragungen des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung sowie der Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) des Robert Koch-Instituts übernommen. Dadurch sind Vergleiche mit Gesamtdeutschland oder anderen Regionen in Deutschland möglich.

Das Zusammenspiel der verschiedenen Methoden soll sicherstellen, dass verschiedene Anspruchsgruppen – sowohl die Bürger/Patienten als auch Leistungserbringer – berücksichtigt werden.

Ergebnisse: Im Fragebogen wurde anhand des HLS-EU-Q16 mit Hilfe von 16 Items die Gesundheitskompetenz der Befragten überprüft. Die Items werden zu einem Index zusammengefasst und auf eine Skala von 0 bis 50 transformiert, die wiederum in vier Klassen unterteilt ist: unzureichende, problematische, ausreichende und ausgezeichnete Gesundheitskompetenz. Fast die Hälfte der Befragten weist eine problematische Gesundheitskompetenz auf, während 33 % eine ausreichende und 7 % eine ausgezeichnete Gesundheitskompetenz aufweisen. Die Gesundheitskompetenz von 13 % der Befragten kann als unzureichend bewertet werden. Damit entsprechen die erhobenen Werte für die betroffene Region in etwa dem Bundesdurchschnitt. Der Versicherungsstatus hat einen signifikanten Einfluss auf die Gesundheitskompetenz, wobei privat Versicherte eine höhere Gesundheitskompetenz aufweisen als gesetzlich Versicherte (Mittelwert 32,86 vs. 31,48). Auch die subjektive Zuordnung zu einem sozialen Status hat einen geringen signifikanten Einfluss auf die Gesundheitskompetenz, wobei Personen, die sich einem höheren sozialen Status zuordnen, durchschnittlich auch eine höhere Gesundheitskompetenz aufweisen (Spearman-Rho-Korrelationskoeffizient: r = 0.157, p = 0.000). Zwischen der Gesundheitskompetenz und dem Alter, dem Vorhandensein einer chronischen Erkrankung, dem Geschlecht und dem Wohnort ist kein signifikanter Zusammenhang erkennbar.

Die befragten Experten berichten von einer Überforderung der Bürger im Umgang mit dem Gesundheitssystem. Weiterhin fehle aufgrund veränderter Lebensstrukturen (seltener Wohnform Großfamilie) Basiswissen zu bestimmten Erkrankungen, das früher von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Die Bevölkerung wünscht sich gerade zur Versorgung von alten Menschen und zur Notfallversorgung zusätzliche Informationen.

Diskussion: Anhand von Befragungen der Bevölkerung und Experten in einer Region untersuchten wir die Gesundheitskompetenz. Die Gesundheitskompetenz ist insgesamt verbesserungswürdig, wobei einige Gruppen besonders schwache Ausprägungen zeigten. Offen bleibt, wie diese Gruppen erreicht werden können. Aus diesem Grund müssen Maßnahmen identifiziert wer-den, um die Gesundheitskompetenz in der betroffenen Region und bei bestimmten Zielgruppen zu steigern.

Praktische Implikationen: Gesundheitskompetenz ist in der Bevölkerung ungleich verteilt, wobei alle Bevölkerungsgruppen in der Realität Unterstützungs- bzw. Informationsbedarf anmelden. Bedarf in den Bereichen Notfallversorgung und Versorgung alter Menschen werden am häufigsten genannt. Die Befragten sind offen für die institutionelle Umsetzung einer solchen Beratung.