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62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

17.09. - 21.09.2017, Oldenburg

TELnet@NRW – Implementierung eines telemedizinischen, intersektoralen Netzwerks als digitale Gesundheitsstruktur zur Verbesserung der wohnortnahen Versorgung

Meeting Abstract

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  • Veronika Strotbaum - ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH, Bochum, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Oldenburg, 17.-21.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocAbstr. 201

doi: 10.3205/17gmds135, urn:nbn:de:0183-17gmds1354

Published: August 29, 2017

© 2017 Strotbaum.
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Hintergrund: Die zentrale Herausforderung im deutschen Gesundheitswesen ist die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und wohnortnahen Versorgung. Aufgrund demographisch-epidemiologischer Veränderungen in der Bevölkerung ist jedoch eine immer intensivere Versorgung notwendig. Insbesondere in ländlichen Regionen fehlen gleichzeitig Spezialisten, welche ärztliche Expertise auch bei komplexen Behandlungsfällen zur Verfügung stellen können. Digital gestützte, intersektoral ausgerichtete Versorgungsprozesse können eine Option sein, die Versorgungstrukturen flexibler und leistungsfähiger zu gestalten. Hier setzt das Projekt „TELnet@NRW“ an. Die Bereiche der Intensivmedizin und Infektiologie stehen dabei exemplarisch für medizinische Fachbereiche, in denen der Zugang zu ärztlicher Expertise besonders relevant ist (zunehmende Antibiotikaresistenzen, Behandlung der Sepsis etc.). Telemedizinisch gestützte Kooperationsstrukturen können hier die Möglichkeit bieten, um infektiologisches und intensivmedizinischen Wissen unabhängig räumlicher Grenzen bereit stellen zu können. Es handelt sich bei „TELnet@NRW“ um ein in der ersten Runde des Innovationsfonds gefördertes Projekt, welches mittels der Tele-Infektiologie und Tele-Intensivmedizin die Versorgung sowohl ambulant als auch stationär patientenorientierter gestalten möchte.

Ziel der Studie: Im Rahmen des Projektes soll ein sektorenübergreifendes telemedizinisches Netzwerk als neue digitale Versorgungsform aufgebaut und beispielhaft in der Infektiologie und der Intensivmedizin implementiert werden, um die Behandlungs- und Prozessqualität sowie die Effizienz der Versorgung relevanter Patientenkollektive flächendeckend zu verbessern. Dabei soll evaluiert werden, inwiefern die Behandlungsqualität messbar verbessert werden kann und patientenrelevante Outcomes sowie gesundheitsökonomische Parameter verbessert werden können. Die konkrete Versorgung sieht dabei regelmäßige Televisiten, Expertenchats, Fortbildungen und eine 24/7 Verfügbarkeit von intensivmedizinischen und infektiologischen Experten vor, um den teilnehmenden peripheren Krankenhäusern und zwei Arztnetzen universitäre Expertise von zwei Universitätskliniken zur Verfügung stellen zu können

Vorgeschlagene Methoden: Es handelt sich um eine nicht-randomisierte, prospektive Studie einer Versorgungsinnovation als Längsschnittuntersuchung im Stepped-Wedge Design mit circa 40.000 ambulanten & stationären Patienten/-innen. Primärer Endpunkt: Verbesserung der Behandlungsqualität durch die Erhöhung des Umsetzungsgrads für die zehn Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie der Initiative „Klug entscheiden“. Sekundäre Endpunkte: Leitliniengerechte Sepsistherapie durch z.B. rechtzeitige Gabe von Antibiotika innerhalb von drei Stunden; Reduktion Sepsis-Sterblichkeit; gesundheitsökonomische Parameter (z.B. Zahl dialysepflichtiger Patienten nach Entlassung, Verlegungstransporte), gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten. Weiterhin soll erfasst werden, in welchem Maß die neue Versorgungsform von den Anwendern akzeptiert wird.

Diskussionspunkte: Es handelt sich um eine recht großes, intersektorales Netzwerk, welches das Ziel hat, am Beispiel zwei relevanter medizinischer Bereiche eine innovative, telemedizinisch gestützte Versorgungsform zu implementieren. Das Projekt kann vor allem durch das umfassende, aber dennoch pragmatische Evaluationsdesign einen wichtigen Beitrag zur flächendeckenden Implementierung und Weiterentwicklung der Telemedizin in Deutschland leisten. Die Ergebnisse sollen mit dazu beitragen, den Nutzen telekooperativer Strukturen in anderen medizinischen Feldern und anderen Regionen einschätzen zu können, um damit nutzenstiftenden telemedizinischen Anwendungen einen schnelleren Weg in die Regelversorgung ebnen zu können.

Sollen die Ergebnisse adaptiert werden, ist natürlich zu erwägen, inwiefern (regionale) Anpassungen erforderlich sind. Daher ist die Implementierungsforschung eine Aufgabe, die nach Abschluss des Projektes weiter forciert werden sollte. Der Beitrag soll daher die Rahmenbedingungen technischer und organisatorischer Art von digitalen Netzwerken als (neue) Versorgungsform zur Diskussion stellen. Ebenso soll aber auch diskutiert werden, wie eine angemessene Evaluation solch komplexer Interventionen aussehen kann und welche Rolle einzelne wissenschaftliche Disziplinen hierbei haben können.



Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


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