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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Pflegebelastungen bei älteren Angehörigen von Demenzkranken und deren Einfluss auf die Lebensqualität: Eine systematische Literaturübersicht

Meeting Abstract

  • Sophie Alltag - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig, Germany
  • Ines Conrad - Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health, Leipzig, Germany
  • Steffi G. Riedel-Heller - Universität Leipzig, Leipzig, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocP193

doi: 10.3205/17dkvf326, urn:nbn:de:0183-17dkvf3269

Published: September 26, 2017

© 2017 Alltag et al.
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Hintergrund: Der demografische Wandel führt weltweit dazu, dass die Gruppe der Alten und Hochaltrigen immer weiter wächst und sich in den nächsten Jahren noch beschleunigen wird. Projektionen zeigen, dass die Altersgruppe 60+ von 2015 bis 2030 um 56%, d.h. von 901 Mio. auf 1.4 Mrd. Menschen weltweit anwachsen wird. Auch Deutschland ist vom demografischen Wandel betroffen. Grund dafür ist die steigende Lebenserwartung sowie niedrige Geburtenraten. Zeitgleich steigt mit einer erhöhten Lebenserwartung auch das Risiko, an chronischen Erkrankungen zu leiden oder pflegebedürftig zu werden. Psychischen Störungen, insbesondere Demenzerkrankungen und Depressionen, kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Derzeit gibt es ca. 2.9 Mio. Pflegebedürftige in Deutschland, von denen 2.08 Mio. zu Hause und davon 1.38 Mio. allein von ihren Angehörigen versorgt werden. Aufgrund der hohen Belastungen, die Angehörige durch die Pflege erfahren, ist ihre Gesundheit inklusive Lebensqualität von großer Wichtigkeit. Studien zeigen, dass pflegende Angehörige im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung meist eine signifikant schlechtere Lebensqualität aufweisen. Jedoch ist es im Hinblick auf die Ableitung gesundheitsförderlicher Interventionen hilfreich zu erfahren, welche Studien allein den Zusammenhang von Pflegebelastungen und Lebensqualität bei Angehörigen erfassen. Da nach jetzigem Kenntnisstand noch keine derartige Übersichtsarbeit existiert, soll diese Forschungslücke hiermit geschlossen werden.

Fragestellung: Ziel dieser Arbeit ist die systematische Zusammenstellung und Auswertung von Artikeln zum Zusammenhang von Pflegebelastungen und Lebensqualität bei älteren pflegenden Angehörigen von Demenzkranken.

Methode: Am 3. März 2017 wurde in der Datenbank Web of Science eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Es wurden alle deutsch- oder englischsprachigen Artikel berücksichtigt, die im Zeitraum 2000 bis 2017 publiziert wurden. Originalarbeiten, die pflegende Angehörige unter 50 Jahren (im Durchschnitt) analysierten sowie Artikel, die weder Lebensqualität, Pflegebelastungen noch deren Zusammenhang erfassten, wurden ausgeschlossen.

Ergebnisse: In die Untersuchung wurden zehn Originalarbeiten eingeschlossen, die quantitative Analysen im Querschnittdesign durchführten. Bei den pflegenden Angehörigen handelte es sich in den meisten Fällen um den Ehepartner oder ein Kind des zu Pflegenden. Das durchschnittliche Alter der zumeist weiblichen pflegenden Angehörigen reichte von 51 bis 72 Jahre. Hinsichtlich der Pflegebelastungen und Lebensqualität lagen die Werte vielfach im moderaten Bereich. Bezugnehmend auf den Zusammenhang von Pflegebelastungen und Lebensqualität wurde in jeder untersuchten Studie eine signifikant negative Korrelation festgestellt, d.h. je höher die Pflegebelastungen, desto schlechter die Lebensqualität.

Diskussion: Es konnte festgestellt werden, dass in den meisten Fällen allein das Vorliegen von Pflegebelastungen in einem signifikant negativen Zusammenhang mit der Lebensqualität der älteren pflegenden Angehörigen steht. Hierbei wurden insbesondere der hohe Zeitaufwand als auch physische sowie psychische Beschwerden genannt. Insofern waren die Ergebnisse der Studien sehr konsistent. Trotz dessen ließen sich aufgrund der Querschnittdesigns der Studien keine Kausalaussagen treffen. Ferner wurden Artikel eingeschlossen, die teilweise keine ausführliche Methodenbeschreibung beinhalteten, was die Vergleichbarkeit untereinander erschwerte.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse dieser systematischen Übersichtsarbeit können in Gesetzgebungsprozesse der Gesundheits- und Pflegepolitik fließen, da sie die Unterstützung pflegender Angehöriger, wie sie im ersten Pflegestärkungsgesetz beschrieben ist, untermauert. Des Weiteren sind diese Ergebnisse eine gute Grundlage für u.a. Krankenkassen und Betriebe, um Maßnahmen zur verhaltens- und verhältnisorientierten Gesundheitsförderung zu entwickeln und zu implementieren.