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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Beruflich Orientierte Rehabilitation Suchtkranker in Stufen (BOSS) – Zufriedenheit der Rehabilitanden mit einem neuen Konzept zur Intensivierung des Berufsbezugs in der Rehabilitation Abhängigkeitserkrankter

Meeting Abstract

  • Silke Jankowiak - Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm, Bad Buchau, Germany
  • Andreas Kocks - Berufsförderungswerk Bad Wildbad, Bad Wildbad, Germany
  • Jens Borgelt - Berufsförderungswerk Bad Wildbad, Bad Wildbad, Germany
  • Rainer Kaluscha - Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm, Bad Buchau, Germany
  • Gert Krischak - Institut für Rehabilitationsmedizinische Forschung an der Universität Ulm, Bad Buchau, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV115

doi: 10.3205/17dkvf070, urn:nbn:de:0183-17dkvf0704

Published: September 26, 2017

© 2017 Jankowiak et al.
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Text

Hintergrund: Um für Suchtpatienten die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Anschluss an eine Entwöhnungsbehandlung zu erhöhen, wurde vom Berufsförderungswerk Bad Wildbad ein mehrstufiges berufliches Integrationskonzept speziell für den Suchtbereich entwickelt. Das Konzept zur „Beruflich Orientierten Rehabilitation Suchtkranker in Stufen“ (BOSS) legt großen Wert auf die Kontinuität in den beruflichen Begleitangeboten sowie auf die enge Verzahnung von medizinischer und beruflicher Rehabilitation und anschließender Integrationsbegleitung. Die speziellen berufsbezogenen Maßnahmen beginnen bereits innerhalb der ersten Wochen einer Langzeitentwöhnung und unterstützen die berufliche Reintegration des Rehabilitanden während der gesamten Maßnahme. Die Rehabilitanden werden bei Bedarf sogar bis zur Arbeitsaufnahme oder darüber hinaus begleitet. Dadurch sollen häufig in der Anfangsphase auftretende Probleme besser gemeistert werden und dadurch der Arbeitsplatz langfristig erhalten werden.

Fragestellung: Da eine hohe Identifikation mit der Maßnahme durch die Rehabilitanden eine wesentliche Voraussetzung für dessen Erfolg ist, stellte sich zunächst die Frage, wie die Teilnehmer an BOSS das Konzept einschätzen und welche Wünsche bezüglich einer Weiterentwicklung bestehen.

Methodik: BOSS wird von den Suchtrehabilitationskliniken des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation gGmbH (bwlv) in Zusammenarbeit mit dem Berufsförderungswerk Bad Wildbad seit Herbst 2014 umgesetzt.

Im Rahmen der Begleitforschung werden sowohl die Effekte von BOSS untersucht als auch geprüft, ob bestimmte Subgruppen besonders von BOSS profitieren. Die Evaluation erfolgt anhand einer multizentrischen Kohortenstudie, wobei prospektiv rekrutierte Teilnehmer an BOSS (Interventionsgruppe) mit Rehabilitanden einer „historischen“ Kontrollgruppe, die die bisher übliche Suchtrehabilitation durchgeführt haben („treatment as usual“), verglichen werden. Neben der Rehabilitationsstatistikdatenbasis (RSD) der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg und dem Deutschen Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe (KDS) werden Befragungsdaten der Teilnehmer zur Bewertung von BOSS herangezogen.

Im Hinblick auf eine weitere Optimierung des Konzepts wurden erste Auswertungen der Freitextangaben der Rehabilitanden zur Zufriedenheit mit BOSS („Was hat Ihnen an BOSS gefallen?“, „Was hat Ihnen an BOSS nicht gefallen und sollte ggf. geändert werden?“) vorgenommen.

Ergebnisse: Insgesamt stößt das Programm bei den Teilnehmern auf große Zustimmung. Ein Großteil gibt einen hohen Mehrwert und eine große Zufriedenheit mit der Maßnahme an. So konnten diese laut eigener Einschätzung eine optimistische Zukunftsprognose entwickeln und wichtige Kompetenzen im Hinblick auf die Bewerbungsphase erlangen. Ebenso wurden die erlernten Strategien der Stressbewältigung sowie die Unterstützung bei der Identifikation eigener Stärken und Schwächen als besonders nützlich bewertet. Ferner ergaben sich anhand der Freitexte Hinweise darauf, dass eine Erweiterung des zeitlichen Rahmens der einzelnen Module gewünscht wird, um arbeitsplatzbezogene Themen ausführlicher behandeln zu können. Schließlich fragen Rehabilitanden, die zunächst nicht für die Maßnahme ausgewählt wurden, BOSS inzwischen aktiv nach und sind ebenso motiviert, an den Modulen teilzunehmen.

Diskussion: Insgesamt scheint der ressourcen- und stärkenorientierte Ansatz bei den Teilnehmern von BOSS sehr gut anzukommen. Eine hohe Identifikation mit der Maßnahme ist eine wesentliche Voraussetzung für dessen Erfolg. Dieser wird im weiteren Projektverlauf wissenschaftlich überprüft. Die Studie liefert damit erste Erkenntnisse zum Effekt eines speziellen berufsbezogenen Konzepts in der Rehabilitation Abhängigkeitskranker.

Praktische Implikationen: Zwar stehen die Ergebnisse zu den Effekten von BOSS noch aus, dennoch deutet die hohe Zufriedenheit der Rehabilitanden mit der Maßnahme sowie der geäußerte Bedarf an einer Intensivierung des Berufsbezugs während der Rehabilitation bereits darauf hin, dass eine Erweiterung des therapeutischen Angebots um berufsbezogene Elemente sinnvoll ist.

Förderung: Die Studie wird durch die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg gefördert.