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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Einfluss der tibialen Rotation auf die anterioposteriore Kniestabilität – eine robotergestützte in-vitro Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Andrea Lorenz - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Germany
  • Heike Röttgerkamp - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Germany
  • Evgenij Bobrowitsch - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Germany
  • Carmen Leichtle - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Germany
  • Nikolaus Wülker - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Germany
  • Ulf Leichtle - Universitätsklinikum Tübingen, Orthopädische Klinik und Poliklinik, Tübingen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocGR21-782

doi: 10.3205/16dkou485, urn:nbn:de:0183-16dkou4851

Published: October 10, 2016

© 2016 Lorenz et al.
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Text

Fragestellung: Die Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) gehört zu den häufigsten Sportverletzungen. Während die Bedeutung der Kreuzbänder für die Stabilisierung des Knies in anterioposteriorer (AP)-Richtung evident ist, wird deren Einfluss auf die Rotationsstabilität immer noch kontrovers diskutiert. Nach VKB-Rupturen kommt es speziell während sportlicher Aktivitäten mit schnellen Richtungswechseln zu verstärkter symptomatischer Instabilität im Kniegelenk. Hierbei treten neben erhöhter AP-Belastung vor allem starke Innen- oder Außenrotationen auf. Aus diesem Grund sollte in unserer Studie der Einfluss der tibialen Rotation auf die AP-Stabilität bei unterschiedlichen Zuständen der beiden Kreuzbänder gezielt analysiert werden.

Methodik: Mithilfe eines KUKA Industrieroboters wurden 10 humane Kniepräparate untersucht. Dabei wurden zunächst Drehmomente von 4Nm um die Tibiaschaftachse aufgebracht und die Rotationsfähigkeit (Innen- und Außenrotation) ermittelt. Im Anschluss wurde innerhalb dieses Rotationsbereiches in 5°-Schritten für jedes Kniegelenk die Auslenkbarkeit in AP-Richtung bei einer Kraftaufbringung von ±80N gemessen. Die Messungen fanden in 20°, 60° und 90° Flexion statt. Das Knie im nativen Zustand wurde mit dem Knie nach Durchtrennung des VKB, nach Versorgung mit einer vorderen Kreuzbandplastik sowie nach Durchtrennung beider Kreuzbänder verglichen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Für alle Kreuzbandzustände konnte ein signifikanter Einfluss der tibialen Rotation auf den Tibiavorschub gemessen werden (p<0.001). Im Knie mit durchtrenntem VKB kam es in verschiedenen Rotationspositionen zu Unterschieden im Tibiavorschub von bis zu 12mm. Der Verlauf des Tibiavorschubs über dem Rotationswinkel ähnelte einer Gauß'schen Glockenkurve. Der größte Einfluss des VKB auf den Tibiavorschub wurde dabei in leicht außenrotierter Tibiaposition gemessen (5°-10° in 20° Flexion und 0°-5° in 90° Flexion). Eine Durchtrennung des VKB führte im Vergleich zum nativen Knie zu einer signifikanten Erhöhung des Tibiavorschubs um bis zu 7mm, welche durch den VKB-Ersatz über den Großteil des tibialen Rotationsbereichs fast komplett wieder hergestellt wurde (verbleibende Differenz < 1mm). Die posteriore Tibiatranslation war wesentlich gleichmäßiger über dem Rotationswinkel verteilt. Nur nach Durchtrennung beider Kreuzbänder gab es ebenfalls ein deutliches Maximum, welches zwischen 20° und 90° Flexion von 8° Außen- zu 2° Innenrotation wanderte.

Es konnte gezeigt werden, dass die tibiale Rotation einen deutlichen Einfluss auf den Tibiavorschub hat, wobei der maximale Vorschub bei leicht außenrotierter Tibia auftritt. Dies könnte eine mögliche Erklärung liefern, weshalb Patienten mit VKB-Ruptur gerade bei Aktivitäten mit schnellen Richtungswechseln und Drehungen über Stabilitätsprobleme berichten. Nachdem auch der Einfluss der Kreuzbänder auf die AP-Stabilität stark von der tibialen Rotation abhängt, wird empfohlen, während der Durchführung des Lachmann- und der Schubladentests verstärkt auf die Tibiarotation zu achten.