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44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie, 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie

31.08. - 03.09.2016, Frankfurt am Main

Check point durchbrochen – Induktion einer Polyarthritis durch Nivolumab

Meeting Abstract

  • Lisa Christ - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Klinikum der Universität München, Rheumatologie, München
  • Claudia Dechant - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Klinikum der Universität München, Rheumatologie, München
  • Julia Tietze - Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, München
  • Carola Berking - Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, München
  • Hendrik Schulze-Koops - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Klinikum der Universität München, Rheumatologie, München
  • Jan Leipe - Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Klinikum der Universität München, Rheumatologie, München

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie. Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie. Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh); 30. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh); 26. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR). Frankfurt am Main, 31.08.-03.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFA.30

doi: 10.3205/16dgrh292, urn:nbn:de:0183-16dgrh2925

Published: August 29, 2016

© 2016 Christ et al.
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Text

Vorgeschichte: Bei einer 72-jährigen Patientin wurde bereits 2009 bei Polyarthralgien eine ACPA-Positivität beim Rheumatologen nachgewiesen (anti-CCP 73.2, < 17 U/l; RF negativ). Es bestand damals allerdings keine objektivierbare Arthritis. Im weiteren Verlauf remittierten die Arthralgien unter bedarfsweiser NSAR-Therapie.

Nachdem 2010 und 2011 Metastasen in Nebenniere und V. cava inf. eines damals noch unbekanntem Primärmalignoms reseziert wurden, konnte 2013 ein metastasiertes malignes amelanotisches Melanom diagnostiziert werden. Bei Nachweis von pulmonalen Metastasen wurde 06/2015 eine Therapie mit Nivolumab initiiert.

Leitsymptome bei Krankheitsmanifestation: Innerhalb von 24 Stunden nach Therapiebeginn mit Nivolumab entwickelte die Patientin eine floride Polyarthritis der Hand-, Finger- und Fussgelenke sowie polymyalgiforme Beschwerden.

Diagnostik: In Laboruntersuchungen zeigte sich eine CRP Erhöhung (0,98 mg/dl) bei normaler BKS sowie eine Leukozytose. Klinisch und sonographisch fanden sich zunächst eine rheumatoide Arthritis (RA)-typische Polyarthritis der MCP- und Handgelenke, im Verlauf zudem PMR-typische Befunde bei einer eingeschränkten Elevationsfähigkeit der Arme und sonographischem Nachweis einer Bursitis subacromialis links sowie einer Tenosynovitis der langen Bicepssehne rechts. Somit ergab sich das klinische Bild einer ACPA-positiven RA, induziert durch Nivolumab.

Therapie: Therapeutisch erfolgten nach systemischer Glucocorticoid (GC)-Stoßtherapie zunächst multiple intraartikuläre GC-Injektionen dominanter Gelenke zur Einsparung der GC-assoziierten systemisch-immunsuppressiven Wirkung bei bekanntem Melanom.

Weiterer Verlauf: Nachdem es unter wiederholten Gaben von Nivolumab zu erneuten Schüben der Polyarthritis kam, wurde Nivolumab zunächst pausiert und neben GC-Injektionen wurde eine mittelhoch-dosierte GC-Therapie initiiert, mit nachfolgend deutlicher Besserung der Polyarthritis. Bei gutem onkologischen Ansprechen von Nivolumab (PET-CT 03/2016) entschlossen wir uns erneut in der Intention der GC-Einsparung zu einer Basistherapie mit Methotrexat, um die Fortsetzung der Nivolumab Therapie zu ermöglichen. Das klinische Ansprechen auf die Basistherapie muss noch abgewartet werden.

Nivolumab gehört zu den Immun-Checkpoint-Inhibitoren, da es den Rezeptor PD-1, der eine (überschießende) Aktivierung von T-Zellen verhindert, blockiert. Die Folge ist eine gesteigerte T-Zell-Aktivität, die gegen Tumorzellen gewollt ist, jedoch auch autoimmune Reaktionen impliziert. Der akute Beginn der Polyarthritis bei dieser Patientin kann bei ACPA-Positivität möglicherweise durch den Wegfall der Suppression präexistenter autoimmuner T-Zell-Klone erklärt werden. Dies ist die Erstbeschreibung der Induktion einer manifesten RA aus einer prä-RA durch Nivolumab.