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Hausarztbefragung zur Versorgung von Patienten mit chronischer Depression: Hinweise auf regionale Unterschiede
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Published: | September 19, 2016 |
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Hintergrund: Fast 2/3 aller Patienten mit chronischer Depression (Dauer ≥ 2 Jahre) werden ausschließlich hausärztlich betreut. Während die Studienlage zur unipolaren depressiven Episode umfassend ist, weiß man wenig über die Behandlung von Patienten mit chronisch verlaufender Depression in der Hausarztpraxis.
Fragestellung: Ziel der Untersuchung war die Erfassung des therapeutischen Vorgehens von Hausärzten bei chronischer Depression unter Berücksichtigung regionaler Unterschiede.
Methoden: Anonyme schriftliche Befragung von je 500 zufällig ausgewählten niedergelassenen Hausärzten aus Bayern und Thüringen mittels selbst konzipiertem Fragebogen mit 46 Items, der sich an den Empfehlungen der S3-Leitlinie/NVL unipolare Depression orientierte. Statistisch-deskriptive Analyse mittels SPSS Statistics.
Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug in Bayern 20,2%, in Thüringen 23,8%. Thüringische HÄ (n=119) gaben häufiger als bayrische HÄ (n=101) an, dass sie ihren chronisch depressiven Patienten keine antidepressive Medikation (17,1% vs. 11,9%) verschreiben. Dafür kamen bei den bayerischen HÄ trizyklische Antidepressiva (8,5% vs. 13,9%) und Kombinationen aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen (7,2% vs. 11,8%) häufiger zum Einsatz. Zu nichtmedikamentösen Maßnahmen berichteten HÄ aus Bayern signifikant häufiger wöchentliche Konsultationen in der Akutphase (88,1% vs. 95,9%), regelmäßige EKG-Kontrollen (81,4% vs. 97,0%) und die Erarbeitung eines Krisenmanagements wie „Notfallkoffer“ oder Sorgentelefon (40,5% vs. 60,6%) durchzuführen.
Diskussion: Die Angaben der teilnehmenden HÄ liefern Hinweise darauf, dass die Versorgung chronisch depressiver Patienten bereits heute durch umfangreiche hausärztliche Interventionen und Verlaufskontrollen gekennzeichnet ist. HÄ aus Bayern scheinen einige medikamentöse und nichtmedikamentöse Maßnahmen häufiger durchzuführen als ihre Kollegen aus Thüringen. Diese Erkenntnisse sind mit Vorsicht zu bewerten, weil signifikante strukturelle Unterschiede (Geschlecht der HÄ, Praxisform, Zusatzqualifikation psychosomatische Grundversorgung, Wartezeit bis zum Termin beim Spezialisten) zwischen beiden Bundesländern bestehen.
*Die Autoren trugen zu gleichen Teilen bei.