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50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

29.09. - 01.10.2016, Frankfurt am Main

Datenschutz bei sekundärer Nutzung hausärztlicher Routinedaten – Lösungsmöglichkeiten für zukünftige Versorgungsforschung

Meeting Abstract

  • J. Hauswaldt - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen
  • W. Himmel - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen
  • E. Hummers-Pradier - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen

50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Frankfurt am Main, 29.09.-01.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16degam014

doi: 10.3205/16degam014, urn:nbn:de:0183-16degam0142

Published: September 19, 2016

© 2016 Hauswaldt et al.
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Text

Hintergrund: Sekundäre wissenschaftliche Nutzung hausärztlicher Routinedaten ist auch in Deutschland möglich und insbesondere durch deren longitudinale Verknüpfung ertragreich. Bestehende Datenschutzregelungen schränken jedoch diese Nutzung erheblich ein.

Fragestellung: Aus genauer Kenntnis deutscher und europäischer Datenschutzbestimmungen müssen Lösungsansätze entwickelt werden, um auch zukünftig drängende Fragen der ambulanten Versorgungsforschung mittels hausärztlicher Routinedaten beantworten zu können.

Methoden: Mittels eigener Recherche sowie gemeinsam mit Medizininformatikern und Mitarbeitern der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF) wurden Datenschutzbestimmungen in Deutschland, dazu auch europäische Rechtsentwicklungen auf zulässige Routinedatennutzung hin untersucht.

Ergebnisse: Generische TMF-Datenschutzkonzepte trennen systematisch in Identifizierende Daten (eines Patienten, IDAT) und in Medizinische Daten (MDAT) ohne Identifizierungspotential, sie sehen auch eine obligat eingeschaltete Vertrauensstelle (Trusted third party) vor. Einzeln ausgewählte Datenfelder der Behandlungsdatentransfer(BDT)-Schnittstelle in Arztpraxis-Informationssystemen können in datenschutzrechtlich zulässiger Weise für ein scientific use file genutzt werden. Verstreute Regelungen der Datenschutzgesetze des Bundes und der Länder, Sozialdatenschutz, strafgesetzlicher Schutz von Privatgeheimnissen sowie Vorgaben durch Datenschutzbeauftragte unter der Grundrechtsfigur des „Informationellen Selbstbestimmungsrechts“ bilden den engen Rechtsrahmen für wissenschaftliche Sekundärdatennutzung. Die europaweit rechtswirksame Datenschutz-Grundverordnung, vom Europäischen Parlament nach langjährigen Beratungen am 14.04.2016 verabschiedet, lässt vereinheitlichte Grundlagen für Datenschutz und sekundäre Datennutzung ab 2018 auch in Deutschland erwarten.

Diskussion: Partikularem Patientendatenschutz steht bisher das Grundrecht auf „Freiheit der Forschung“ zum Erkenntnisgewinn im Gemeinwohlinteresse für eine dringend erforderliche Zustandsbeschreibung in der ambulanten Gesundheitsversorgung unverbunden gegenüber.

Die sekundäre Routinedatennutzung für wissenschaftliche Zwecke ist nicht von vornherein ausgeschlossen, bedarf jedoch eines überlegten Datenschutzkonzeptes, das vorab geformt, transparent und rechtssicher ist, um Einzel- und Gemeinschaftsinteressen miteinander zu versöhnen.