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Bad Honnef-Symposium 2016

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG e. V.)

21. - 22.03.2016, Bonn

Adäquate Antibiotikatherapie beim septischen Patienten – Eine Frage der Dosis und Applikation?

Meeting Abstract

  • Alexander Brinkmann - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • A.C. Röhr - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • A. Köberer - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • Th. Fuchs - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • S. Helbig - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • J. Preisenberger - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • C. König - Apotheke Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg
  • O.R. Frey - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim

Bad Honnef-Symposium 2016. Bonn, 21.-22.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16bhs09

doi: 10.3205/16bhs09, urn:nbn:de:0183-16bhs094

Published: March 16, 2016

© 2016 Brinkmann et al.
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Text

Intensivpatienten mit schweren Infektionserkrankungen, z.B. schwere Sepsis und septischer Schock, sind eine interdisziplinäre und interprofessionelle Herausforderung für Chirurgen, Internisten, Intensivmediziner, Mikrobiologen und klinischen Pharmakologen/Pharmazeuten [1], [2], [3]. Was bedeutet eigentlich adäquate Antibiotikatherapie für uns Intensivmediziner? In der klinischen Versorgungsrealität wird darunter der korrekte Einsatz einer antiinfektiven Substanz vor dem Hintergrund klinisch-infektiologischer und mikrobiologischer Evidenz verstanden. Pharmakologische Aspekte, wie z.B. Pharmakokinetik (PK), Pharmakodynamik (PD) und die daraus resultierende Abtötungskinetik finden bei der Therapieentscheidung im Alltag weniger Berücksichtigung.

Besonders bei β-Laktam-Antibiotika, die eine zeitabhängige Abtötungskinetik aufweisen, kommt es im Rahmen der Sepsis zu erheblichen Veränderungen der Pharmakokinetik. Ein Anstieg des Verteilungsvolumens durch kapilläres Leck, hohe Flüssigkeitszufuhr und Veränderungen der Plasmaproteinbindung sowie eine gesteigerte Arzneistoffclearance sind in der frühen, hyperdynamen Phase der Sepsis regelhaft anzutreffen [1], [2]. Die Folge sind niedrige Wirkstoffkonzentrationen im primären Kompartiment und am eigentlichen Wirkort. Bei den hydrophilen β-Laktam-Antibiotika kommt es bei intermittierender Gabe häufig bereits innerhalb der ersten Stunden nach Gabe zu einem Abfall der Wirkstoffkonzentration unter die minimale Hemmstoffkonzentration (MHK) für verschiedenste Keime [1], [2], [3].

Individuelle Dosierung, prolongierte Applikation und therapeutisches Drug-Monitoring (tDM) eröffnen möglicherweise neue, interessante Perspektiven. Vorteile der prolongierten Antibiotikaapplikation wurden vor allem bei schwerkranken Intensivpatienten [1], [2], [3] beobachtet. Über eine Überlegenheit der kontinuierlichen beziehungsweise intermittierenden Gabe gehen derzeit die Meinungen noch auseinander [1], [2], [4], [5]. In einer aktuellen klinischen Untersuchung konnte kein Unterschied bezüglich der Mortalität objektiviert werden [5]. Eine weitere aktuelle Studie unterstrich jedoch eine verbesserte Heilungsrate unter prolongierter/kontinuierlicher Applikation [4]. Die kontinuierliche Applikation von Beta-Lactam-Antibiotika ohne TDM ist nicht ohne Einschränkung zu empfehlen, da die Gefahr besteht, dauerhaft die MHK des Erregers zu unterschreiten. Die prolongierte Applikation ist vor diesem Hintergrund deutlich sicherer.


Literatur

1.
Frey OR, Helbig S, Röhr AC, Preisenberger J, Köberer A, Fuchs T, König C, Brinkmann A. Fragen und Antworten zur individuellen Dosierung von ß-Lactam-Antibiotika bei kritisch Kranken. Intensiv-News. 2015;19:30-3.
2.
Roberts JA, et al. Individualised antibiotic dosing for patients who are critically ill: challenges and potential solutions. Lancet Infectious Diseases. 2014;14(6):498-509.
3.
Wong G, Brinkman A, Benefield RJ, Carlier M, De Waele JJ, El HN, Frey O, Harbarth S, Huttner A, McWhinney B, Misset B, Pea F, Preisenberger J, Roberts MS, Robertson TA, Roehr A, Sime FB, Taccone FS, Ungerer JP, Lipman J, Roberts JA. An international, multicentre survey of beta-lactam antibiotic therapeutic drug monitoring practice in intensive care units. J Antimicrob Chemother. 2014;69:1416-23.
4.
Abdul-Aziz MH, Sulaiman H, Mat-Nor MB, Rai V, Wong KK, Hasan MS, Abd Rahman AN, Jamal JA, Wallis SC, Lipman J, Staatz CE, Roberts JA. Beta-Lactam Infusion in Severe Sepsis (BLISS): a prospective, two-centre, open-labelled randomised controlled trial of continuous versus intermittent beta-lactam infusion in critically ill patients with severe sepsis. Intensive Care Med. 2016 Jan 11. [Epub ahead of print]
5.
Dulhunty JM, et al. A Multicenter Randomized Trial of Continuous versus Intermittent beta-Lactam Infusion in Severe Sepsis. Am J Respir Crit Care Med. 2015 Dec 1;192(11):1298-305.
6.
Roberts JA, et al. DALI: defining antibiotic levels in intensive care unit patients: are current beta-lactam antibiotic doses sufficient for critically ill patients? Clin Infect Dis. 2014;58(8):1072-83.