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Pseudarthrosen der Tibia- und Femurschaftfrakturen: der Einfluss von second hits
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Published: | October 5, 2015 |
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Fragestellung: Pseudarthrosen sind häufige Komplikationen nach Frakturen der Femur- und Tibiadiaphyse. Neben Patienten assoziierten Risikofaktoren wie Rauchen oder Diabetes, sind auch traumassoziierte Risikofaktoren wie Frakturform oder Weichteilbeteiligung bekannt. Experimentell konnte auch der negative Einfluss posttraumatischer Komplikationen sog. second hits nachgewiesen werden. In der vorliegenden retrospektiven Kohortenanalyse wurde der Einfluss unterschiedlicher second hits auf die Pseudarthrosenentstehung nach Femur- und Tibiaschaftfraktur untersucht.
Methodik: Es wurden Tibia - und Femurschaftfrakturen, welche zwischen 1/2003 und 12/2010 an einem Level 1 Traumazentrum versorgt wurden, hinsichtlich der Pseudarthrosenrate untersucht. Einschlusskriterium war die primäre Versorgung im Haus sowie eine Nachuntersuchung mind. 6 Monate postoperativ, zum Ausschluss führten unvollständige Daten zum 6 Monatsoutcome. Subgruppenanalysen erfolgten hinsichtlich des Vorliegens möglicher second hits (Pneumonie, ARDS, Dialyse, Sepsis, SIRS, extracorporale Zirkulation), sowie hinsichtlich Fraktur spezifischer und Versorgungs-spezifischer Faktoren. Eine Pseudarthrose lag definitionsgemäß bei einer radiologischen Nichtverheilung 6 Monate postoperativ vor. Neben der deskriptiven Statistik sowie Überprüfung von Abhängigkeiten (Chi²-Test) wurde die Odds Ratio als Schätzer für das relative Risiko für die Entstehung einer Pseudarthrose berechnet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: 145 Femurschaftfrakturen (12 Pseuarthrosen, 8,3%) und 211 Tibiaschaftfrakturen (26 Pseudarthrosen, 12,3%) wurden eingeschlossen. Es konnten 73 Pat.(20,6%) mit Schädel-Hirn-Trauma, 133(37,6%) mit Mehrfachverletzung, 37(10,5%) mit Lungenbeteiligung (Pneumonie, ARDS,etc.), 6(1,7%) mit extrakorporalen Zirkulations- und Oxygenationsverfahren, 13(3,7%) mit dokumentiertem sonstigen Infekt (HWI, SIRS, Sepsis,..), 38(10,7%) mit Transfusionsverfahren und 5(1,4%) mit Dialyse identifiziert werden. Es zeigten sich keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zur Pseudarhtrosenentstehung innerhalb der Gruppen. Das Risiko für die Entstehung einer Pseudarthrose stieg gemäß der Odds ratio von primärer vs sekundärer Osteosynthese (Odds ratio = 0,32)< mit SHT vs. ohne (0,42)<mit Lugenbeteiligung vs. ohne (0,45)<mit Polytraumatisierung vs. Monotrauma(0,47)<mit Intensivaufenthalt vs. ohne(0,50)<mit Transfusion vs. ohne (0,67) < mit Infekt (0,69) vs. ohne bis offene vs. geschlossene Fraktur(0,83). Ein erhöhtes Risiko einer Pseudarthrosenentstehung lag für Einfach- vs. Mehrfragmentfraktur vor (Odds ratio 2,09).
Interessanterweise zeigte sich tendenziell eine erhöhte Pseudarthrosengefahr für Frakturen ohne sog. second hit. Insbesondere prospektive Studien müssen in Zukunft zur Klärung der klinischen Bedeutung eines second hit auf die Pseudarthroseentstehung durchgeführt werden.