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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014)

28.10. - 31.10.2014, Berlin

Einfluss der Sakrumposition zwischen den Darmbeinen auf eine sichere transversale SI-Verschraubung der Sakralsegmente S1, 2 & 3. Eine computerassistierte anatomische Analyse anhand von 125 CT-Datensätzen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Florian Radetzki - Klinik für Orthopädie und Physikalische Medizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Germany
  • David Wohlrab - Klinik für Orthopädie und Physikalische Medizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Germany
  • Felix Göhre - Klinik für Neurochirurgie, BG-Kliniken Bergmannstrost, Halle, Germany
  • Hansrudi Noser - AO Foundation, AO Research Institute, Davos, Switzerland
  • Karl-Stefan Delank - Klinik für Orthopädie und Physikalische Medizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle, Germany
  • Thomas Mendel - Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, BG-Kliniken Bergmannstrost, Halle, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocPO19-266

doi: 10.3205/14dkou691, urn:nbn:de:0183-14dkou6912

Published: October 13, 2014

© 2014 Radetzki et al.
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Fragestellung: Die sakroiliakale (SI-) Verschraubung ist das derzeit einzige minimal-invasive Verfahren zur Versorgung instabiler Beckenringverletzungen. In bis zu 25% ist bei sakralen Formvarianten eine transversale SI-Verschraubung in S1 nicht durchführbar, weshalb dann das Segment S2 herangezogen wird. Eine zumeist geringere Knochendichte im 2. Sakralsegment reduziert jedoch die biomechanische Stabilität der Osteosynthese. Eine zusätzliche Verschraubung auf Höhe des 3. Sakralsegmentes bietet sich hier an. Jedoch existieren bis dato keine anatomischen Kenntnisse über die Häufigkeit eines ausreichend großen S3-Korridors und dessen Abhängigkeit von Sakrumformvarianten.

Methodik: In einer experimentellen Studie wurden mithilfe der Software Amira von 125 Becken CT-Datensätzen (ø59 Jahre, ø172 cm, ø76 kg) 3D-Rekonstruktionen erzeugt und ausgewertet. Zunächst wurden anhand eines standardisierten Workflows über semiautomatische Segmentationsprozesse der DICOM-Images 3D-Knochenmodelle im STL-Format erzeugt. An diesen erfolgte über einen eigens entwickelten Softwarealgorithmus die automatische Berechnung möglicher knöcherner Durchtritte für eine sichere horizontale Schraubeninsertion (ø7,3 mm) im Sakralsegment S1, 2 und 3. Die statistische Auswertung erfolgte über SPSS 13.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Untersuchung ergab, dass eine sichere transversale SI-Verschraubung im 3. Sakralsegment bei 30 von 125 Becken (24%) möglich ist. Bei dysplastischen Formvarianten des Sakrums ohne transversalen Schraubenkorridor im 1. Sakralsegment (n=25) liegt die Rate eines existierenden S3-Korridors bei 60% und ist signifikant höher im Vergleich zu normalen Sakren (n=100) mit einer Rate von 15%. Fast immer (124 Becken, >99%) existierte ein ausreichend großer S2-Korridor. Die Auswertung zeigte einen deutlichen Einfluss der individuellen Position des Sakrums zwischen den angrenzenden Darmbeinen in Bezug auf die Existenz transversaler SI-Knochenkorridore S1, 2 & 3. Somit kann anhand dieser Ergebnisse eine neue Klassifikation postuliert werden, welche Auskunft über die segmentbezogene Existenz der einzelnen Korridore gibt: kaudalisiertes, intermediäres (Minor- oder Majorvariante) und kranialisiertes Sakrum. Alter, Geschlecht, Körpergröße und Körpergewicht haben weder auf die kalkulierten Korridordaten noch auf eine mögliche Schraubeninsertion in S3 einen signifikanten Einfluss (p>0,05).

Zur Stabilitätserhöhung der SI-Verschraubung in S2 bei dysplastischen Sakrumvarianten steht das 3. Sakralsegment als potenzielle Option für eine zusätzliche Schraubenimplantation in überwiegender Zahl (60%) zur Verfügung. Bis dato spielt diese im klinischen Alltag jedoch auf Grund bisher unzureichender anatomischer Kenntnisse keine Rolle. Die vorgestellten Ergebnisse lassen diese S3-Verschraubung als gewinnbringende Option zukünftig realistisch erscheinen. Voraussetzung ist eine exakte präoperative Beurteilung der anatomischen Gegebenheiten mittels CT anhand der vorgestellten Einteilung.