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31. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) zusammen mit dem 5. Pädakustiker-Symposium der Akademie für Hörgeräte-Akustik

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V.

18.09. - 21.09.2014, Lübeck

Erfolgreiche Innenohrfensterung bei Schalleitungsschwerhörigkeit auf Grund Mittelohrfehlbildung mit hochstehendem Bulbus venae jugularis – ein Fallbericht

Postervortrag

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  • corresponding author presenting/speaker Katrin Palisch - HNO-Klinik TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Dirk Mürbe - HNO-Klinik TU Dresden, Dresden, Deutschland
  • Thomas Zahnert - HNO-Klinik TU Dresden, Dresden, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Akademie für Hörgeräte-Akustik. 31. Wissenschaftliche Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) zusammen mit dem 5. Pädakustiker-Symposium der Akademie für Hörgeräte-Akustik. Lübeck, 18.-21.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocP17

doi: 10.3205/14dgpp50, urn:nbn:de:0183-14dgpp501

Published: September 2, 2014

© 2014 Palisch et al.
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Zusammenfassung

Hintergrund: Schalleitungsschwerhörigkeiten werden im Kindesalter am häufigsten durch Tubenbelüftungsstörungen und Paukenergüsse hervorgerufen. In seltenen Fällen finden sich jedoch auch Mittelohrfehlbildungen, z.B. ein fehlendes rundes Fenster, wobei eine frühzeitige operative Versorgung bei entsprechender Befundkonstellation die Möglichkeit einer Normalisierung des Hörvermögens bietet.

Material und Methoden: Wir berichten von einem 6,5-jährigen Jungen, welcher mit einer linksseitigen mittelgradigen Schalleitungsschwerhörigkeit (SL-SH) bei rechtsseitiger Normakusis vorgestellt wurde. Es lag zwischen 0,5–4 kHz eine SL-Komponente von 20–40 dB bei normaler Innenohrfunktion vor sowie Tympanogramm bds. Typ A, links jedoch abgeflachter Gipfel. Nach Paracentese zeigte sich keine Verbesserung der SL-SH, aber eine knöcherne Struktur im vorderen-unteren Quadranten. Bei fortbestehender SL-SH wurde das Kind uns vorgestellt. Im durchgeführten Felsenbein-CT wurde der V. a. einen hochstehenden Bulbus venae jugularis links sowie eine weichteildichte Struktur zwischen den Gehörknöchelchen mit V. a. Cholesteatom geäußert.

Ergebnisse: Nach Vorbereitung wurde eine Tympanotomie zum Ausschluss eines Cholesteatoms links durchgeführt. Intraoperativ stellte sich eine Retraktionstasche im Bereich des Inkudostapedialgelenkes dar sowie ein hochstehender Bulbus venae jugularis, welcher das gesamte Hypotympanon verlegte und der ovalen Nische und dem Promontorium anlag. Operativ wurde die Retraktionstasche mit Knorpel unterfüttert. Anhalt für ein Cholesteatom bestand nicht. Unter Schonung des häutigen Labyrinthes wurde im Bereich des Promontoriums mit dem Diamantbohrer ein rundes Fenster angelegt. In der aktuellen pädaudiologischen Untersuchung zeigt sich eine permanente Normakusis.

Diskussion: Bei anhaltender SL-SH im Vorschulalter und Ausschluss eines Paukenergusses sollten auch frühzeitig Mittelohrfehlbildungen in die Differentialdiagnose einbezogen und entsprechende Diagnostik und Therapie eingeleitet werden.


Text

Hintergrund

Schalleitungsschwerhörigkeiten werden im Kindesalter am häufigsten durch Tubenbelüftungsstörungen und Paukenergüsse hervorgerufen. In seltenen Fällen finden sich jedoch auch Mittelohrfehlbildungen, z.B. ein fehlendes rundes Fenster, wobei eine frühzeitige operative Versorgung bei entsprechender Befundkonstellation die Möglichkeit einer Normalisierung des Hörvermögens bietet. In der Literatur werden funktionelle Ergebnisse nach Anlage eines dritten Fensters kontrovers beschrieben. Es gibt einzelne Falldarstellungen, in denen bei Vorliegen einer Tympanosklerose die Verbesserung der Hörfunktion durch Neuanlage eines Promontorialfensters beschrieben wird [1], [2].

Material & Methoden

Wir berichten von einem 6;5-jährigen Jungen, welcher mit einer linksseitigen mittelgradigen Schalleitungsschwerhörigkeit (SL-SH) bei rechtsseitiger Normakusis vorgestellt wurde. Es lag zwischen 0,5–4 kHz eine Schalleitungskomponente von 20–40 dB bei normaler Innenohrfunktion vor. Das Tympanogramm bds. entsprach Typ A, links zeigte sich jedoch ein abgeflachter Gipfel. Die Stimmgabeluntersuchung nach Weber wurde in das links Ohr lateralisiert, der Rinne-Versuch fiel links negativ, rechts positiv aus. Ohrmikroskopisch zeigte sich eine überschaubare Retraktion im Bereich der Pars tensa des Trommelfells links. Bei einer Paracentese zeigte sich kein Paukenerguss, aber tympanal eine knöcherne Struktur im Bereich des vorderen unteren Quadranten. Bei fortbestehender SL-SH wurde das Kind uns vorgestellt. Im durchgeführten Felsenbein-CT wurde der V. a. einen hochstehenden Bulbus venae jugularis links sowie eine weichteildichte Struktur zwischen den Gehörknöchelchen mit V. a. Cholesteatom geäußert.

Ergebnis

Im Rahmen einer Tympanotomie links stellte sich intraoperativ eine Retraktionstasche im Bereich des Inkudostapedialgelenkes sowie ein hochstehender Bulbus venae jugularis dar, welcher das gesamte Hypotympanon verlegte und dem Promontorium anlag. Operativ wurde die Retraktionstasche mit Knorpel unterfüttert. Anhalt für ein Cholesteatom bestand nicht. Unter Schonung des häutigen Labyrinthes wurde im Bereich des Promontoriums mit dem Diamantbohrer ein rundes Fenster angelegt. Die Wundheilung verlief per primam. Postoperativ wurde der Patient aufgrund der zunächst noch bestehenden Schalleitungskomponente mit einem konventionellen Hörsystem versorgt. Im weiteren Verlauf stellte sich schließlich im Tonaudiogramm eine Normakusis links dar, welche auch im Langzeitverlauf stabil ist. Der nunmehr jugendliche Patient nutzt das Hörsystem nicht mehr. Im seitengetrennten Sprachaudio-gramm erreicht er links 100% Einsilberwortverständnis bei 55 dB, rechts bei 50 dB. Die TEOAE sind links negativ, rechts positiv.

Diskussion

Bei anhaltender SL-SH im Vorschulalter und Ausschluss eines Paukenergusses sollten auch frühzeitig Mittelohrfehlbildungen in die Differentialdiagnose einbezogen und entsprechende Diagnostik und Therapie eingeleitet werden. Unser Patient erlangte nach erfolgreicher Intervention mit Promontorialfensterung bei vorliegendem hochstehenden Bulbus venae jugularis eine Normakusis.


Literatur

1.
Pau HW, Just T. Third window vibroplasty: an alternative in surgical treatment of tympanosclerotic obliteration of the oval and round window niche. Otol Neurotol. 2010 Feb;31(2):225-7. DOI: 10.1097/MAO.0b013e3181cc07fd External link
2.
Just T, Specht O, Punke C, Schmidt W, Pau HW. Effekt der Promontorialfensterung auf die Schwingung der Rundfenstermembran – experimentelle Studie. Laryngorhinootologie. 2013 Jun;92(6):394-9. DOI: 10.1055/s-0033-1341435. External link