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Zeitliche Stabilität von Handlungsempfehlungen: Eine Analyse am Beispiel von sechs Leitlinien zu chronischen Lungenerkrankungen
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Published: | March 11, 2013 |
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Hintergrund und Fragestellung: Medizinische Leitlinien sollen den aktuellen Stand des Wissens abbilden. Während in den letzten Jahren große Fortschritte zur Methodik der Leitlinienerstellung erzielt wurden, liegen verhältnismäßig wenige empirische Untersuchungen zur Stabilität von Leitlinien und zu Fragen der optimalen Sicherstellung der Aktualität von Handlungsempfehlungen vor. Um hierzu neue Erkenntnisse zu gewinnen, wurde eine Analyse der Änderungen an sechs Leitlinien zu chronischen Lungenerkrankungen in einem zehnjährigen Zeitraum durchgeführt.
Methoden: Jeweils drei evidenzbasierte, national oder international geltende sowie thematisch umfassende Leitlinien zu den Erkrankungen Asthma bronchiale und Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wurden für die Analyse ausgewählt und die Empfehlungen aus allen Versionen dieser Leitlinien, die in den Jahren 2000 bis 2010 publiziert wurden, extrahiert. Die Empfehlungsänderungen wurden anschließend hinsichtlich ihrer Zuordnung zu einem Themenbereich (Diagnostik, medikamentöse bzw. nichtmedikamentöse Maßnahmen) sowie ihres Änderungstyps (neue Empfehlung, Major- bzw. Minor-Änderung) klassifiziert. Die Überlebenszeiten der Empfehlungen der Ausgangsversionen der Leitlinien, und damit die Wahrscheinlichkeit, dass eine beliebige Empfehlung nach einer gewissen Zeit noch gültig ist, wurden berechnet.
Ergebnisse: Hinsichtlich der Stabilität der Leitlinienempfehlungen zeigt sich eine hohe Variation; so schwanken die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten der Asthma-Leitlinien zwischen 43% und 96% und diejenigen der COPD-Leitlinien zwischen 63% und 100%. Die Gegenüberstellung der quantitativen Ergebnisse mit der Aktualisierungsmethodik der jeweiligen Leitliniengruppen lässt erkennen, dass eine hohe Überlebenswahrscheinlichkeit der Empfehlungen mit einer strengen methodischen Vorgehensweise bei der Erstellung und Aktualisierung der Leitlinien assoziiert ist. Fast alle Leitlinien benötigten in Abständen von vier bis sechs Jahren umfassende Änderungen, wobei die Asthma-Leitlinien mehr Änderungen unterworfen waren als die COPD-Leitlinien.
Schlussfolgerung: Eine stringente Herangehensweise bei der Leitlinienerstellung und -pflege ist förderlich: Leitlinienentwickler müssen längerfristig weniger Korrekturen und Änderungen durchführen und könnten dadurch Ressourcen sparen; Leitlinienanwender müssen sich mit weniger Änderungen der Empfehlungen auseinandersetzen, wodurch eine bessere Implementierbarkeit gegeben ist.