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Die Eignung von Sekundärdaten zur Evaluation eines Interventionsprojekts – Erfahrungen aus der AGil-Studie
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Published: | September 20, 2011 |
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Hintergrund: Die Datenverknüpfung von Primär- und Sekundärdaten, speziell von Routinedaten der GKV wird in der Versorgungsforschung als Möglichkeit gesehen, die Vorteile beider Datenquellen synergistisch zu nutzen und dabei deren Nachteile zu überwinden. Neben der Klärung rechtlicher, organisatorischer und technischer Fragen müssen bei der konkreten Nutzung von Sekundärdaten und der Interpretation ihrer Ergebnisse weitere Validierungen der Daten vorgenommen werden. Dies wird für eine Interventionsstudie beispielhaft vorgestellt.
Material und Methode: Das Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter" (AGil) setzt auf eigenverantwortliche Selbstbestimmung bzgl. körperlicher Aktivität, Ernährung und soziale Teilhabe und wurde realisiert im Rahmen eines Modellprojekts zur Integrierten Versorgung. Die Ergebnisevaluation im Kontext eines Projekts zur Integrierten Versorgung (‚Gesundes Kinzigtal’) in einem Prä-Post-Vergleich zielt auf gesundheitsrelevante Einstellungen und den subjektiven Gesundheitszustand. Darüber hinaus wurden Daten der AOK Baden-Württemberg zur Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen genutzt. In dem Beitrag werden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine individuelle Verknüpfung von Primärdaten (Befragungen) und Routinedaten einer gesetzlichen Krankenversicherung dargestellt und anhand ausgewählter Ergebnisse konkretisiert.
Ergebnisse: Nicht bei allen Teilnehmern gelang die individuelle Datenzusammenführung, das Datenlinkage schlug in rund zehn Prozent der Fälle fehl. Auf der anderen Seite können in die Sekundärdatenanalyse auch Teilnehmer einbezogen werden, die keinen t0-Fragebogen ausgefüllt haben. Damit vergörßerte sich die Interventionsgruppe um 25%. Die Interpretation der Entwicklung der Inanspruchnahme bei den Teilnehmern wird durch die Auswirkungen des IV-Projekts und neuer Vergütungsregelungen überlagert. Der Prä-Post-Vergleich der Inanspruchnahme wird durch geringe Fallzahlen bei diagnosebezogener Betrachtung und einen kurzen Nachbeobachtungszeitraum von nur einem Jahr sowie geringe Inzidenzen spezifischer Ergebnisindikatoren (wie stationäre Aufnahme, Eintritt der Pflegebedürftigkeit) erschwert.
Schlussfolgerung: Die Nutzung von Sekundärdaten bei der Evaluation eines Interventionsprojekts bietet zahlreiche Chance, wirft bei der konkreten Realisierung der Datenzusammenführung aber Probleme auf, die beim Studiendesign und der Interpretation der Ergebnisse beachtet werden müssen. Empfehlungen für die Datenverknüpfung von Primär- und Sekundärdaten im Rahmen zukünftiger Studie betreffen die Wahl geeigneter Pseudonymisierungsalgorithmen für Primär- und Sekundärdaten, das Matching-Verfahren und Ansätze zur Verringerung der Missmatches und deren Validierung, sowie die rechtlichen Grundlagen einer derartigen Datenverknüpfung.
Ausblick: Insgesamt stellt eine individuelle Verlinkung von Primär- und Sekundärdaten kein technisches oder rechtliches Problem dar. Zwar müssen eine Reihe datenschutzrechtlicher Vorschriften beachtet werden, doch zugunsten eines maximalen Erkenntnisgewinns bietet sich eine individuelle Datenverknüpfung für viele versorgungsepidemiologische Fragestellungen als Königsweg an.