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Körpertemperatur bei Schockraumaufnahme – Bedeutsames Vitalzeichen aber abhängiger Risikofaktor für die Sterblichkeit des Schwerverletzten
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Published: | October 18, 2011 |
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Fragestellung: Hypothermie (HT) bei Schockraumaufnahme, i.e. Körpertemperatur ≤35°C, gilt als Risikofaktor nach schwerem Unfalltrauma, was Sterblichkeit, Liegezeit & Komplikationsrate erhöht. Aus jüngerer Zeit liegen 3 Studien, basierend auf großen US-Datenbanken vor, die HT als unabhängigen Risikofaktor für Letalität identifizieren. Im DGU-Traumaregister (TR-DGU) wird die Überlebenswahrscheinlichkeit mit dem RISC-Score berechnet. Die Körpertemperatur bei Aufnahme (T@B) wurde aber erst nach der Validierung des Scores ins TR-DGU aufgenommen. Nachträglich zeigte sich entgegen der bekannten Literatur, dass T@B als Risikofaktor aus dem RISC-Modell heraus fällt. Wir stellten daher die Hypothese auf, dass T@B im RISC durch Marker für Hämorrhagie o. Koagulopathie (PTT, Base Excess [BE], Blutungszeichen: >9 EKs, RRsys < 90 mm Hg, Hb < 9 mg/dl, Traumaschwere nach NISS, präklinische Infusionsmenge, Abdominalverletzungen AIS>3) verdrängt wird, während sich die Ergebnisse der Studien von Shafi et al (2005), Wang et al (2005) & Martin et al (2005) auf der Basis des identischen TR-DGU Datensatzes reproduzieren lassen müssten.
Methodik: Zur Prüfung der Hypothese wurden aus dem TR-DGU 2002-2008 alle primärversorgten Patienten mit ISS ≥16, komplettem Datensatz für die RISC-Prognose und T@B eingeschlossen: n=5197. Die Rate für HT lag bei 18%. Mit diesem Datensatz wurde in multivariater Regressionsanalyse die Odds Ratio (OR) mit 95% Konfidenzintervall (95CI) für HT als unabhängiger Prädiktor für Tod entsprechend der Modelle o.g. Studien berechnet.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Martin (1,43, 95CI 1,947-1,051, p<0.001*); Wang (1,77, 95CI 2,213-1,420, p<0.001*); Shafi (1,21; 95CI 1,596-0,923; p=0,165, ns); RISC (1,12, 95CI 1,405-0,892; p=0,331, ns). Die Modelle von Martin & Wang enthalten nur je 3 Marker für Hämorrhagie/Koagulopathie, Shafis 4 und der RISC sogar 5 dieser Marker. Entfernt man aus dem RISC-Model stufenweise die Marker Gerinnung [PTT], Azidose [BE] und Blutungszeichen [Hb<9 mg/dL, EKs >9, RRsys<90 mmHg]) so zeigt sich ein unabhängiger Effekt von HT erst, nachdem alle dieser Marker entfernt wurden (OR 1,57, 95CI 1,125-2,203, p=0.008*).
Unsere Daten zeigen, dass HT als unabhängiger Risikofaktor aus dem Regressionsmodell verdrängt wird, wenn Zeichen für Hämorrhagie u. Koagulopathie ausreichend abgebildet sind (RISC: 5 Marker). Das Ergebnis für die Modelle mit nur 3 Hämorrhagie/Koagulopathie-Markern wird reproduziert, das mit 4 Markern versehen Shafi-Modell nicht. Dies könnte aber auch durch Abweichungen zwischen Variablen (z.B. NISS statt log-transformierter ISS) erklärt sein. Die Studie zeigt auch, dass Datenbanken, die den Patienten exakter abbilden, belastbarere statistische Auswertungen zulassen, was die Mühen der Pflege rechtfertigt.
Hypothermie als unabhängiger Risikofaktor für Tod nach schwerem Unfalltrauma ist aus unserer Sicht unwahrscheinlich; als Vitalzeichen ist T@B aber weiter hinweisend auf vitale Bedrohung des Patienten und sollte daher bei Schockraumaufnahme immer erhoben werden.