Titel: Therapeutische Inhibition der DNA-Schadensantwort in Kopf-Hals-Tumoren zur Verbesserung der strahlentherapeutischen Behandlung
Sonstige Titel: Inhibiting the DNA damage response in head and neck cancer to improve radiotherapeutic treatment
Sprache: Deutsch
Autor*in: Oetting, Agnes
Schlagwörter: Radiosensibilisierung; Duale Inhibition; DNA-Schadensantwort; Zielgerichtete Therapie; Kopf-Hals-Tumoren
GND-Schlagwörter: StrahlenbiologieGND
Hals-Nasen-Ohren-TumorGND
Humanes PapillomavirusGND
DNS-ReparaturGND
StrahlentherapieGND
Erscheinungsdatum: 2022
Tag der mündlichen Prüfung: 2022-09-06
Zusammenfassung: 
Der Einsatz ionisierender Strahlung ist wesentlicher Bestandteil der kurativen Therapie solider Tumore. Die letale Wirkung auf Tumorzellen basiert insbesondere auf der Induktion von DNA-Doppelstrangbrüchen. Dabei ist die Schonung des umliegenden Normalgewebes eine der größten Herausforderungen der Strahlentherapie und häufig kommt es zu starken, teilweise irreversiblen Nebenwirkungen. Oft wird die Bestrahlung zudem noch mit einer Chemotherapie kombiniert, was die Toxizität der Behandlung weiter erhöht. Daher ist die Suche nach alternativen zielgerichteten Therapien das Thema aktueller Forschung in der Radioonkologie.
Plattenepithelkarzinome des Kopf- und Hals-Bereiches (Head and neck squamous cell carcinomas, HNSCC) sind eine genetisch komplexe, heterogene Gruppe bösartiger Erkrankungen und weltweit die siebthäufigste Krebsart. Neben jahrelangem starken Tabak- und Alkoholkonsum ist die Infektion mit Hochrisikostämmen des Humanen Papillomvirus (HPV) ein weiterer wichtiger onkogener Faktor. Die Strahlentherapie ist auch bei der Behandlung von HNSCC ein zentrales Element der multimodalen Therapie. Aufgrund der im Kopf-Hals-Bereich vorhanden Risikoorgane wie z. B. der Speicheldrüsen und Schluckmuskulatur, stellt die Bestrahlungsplanung jedoch eine besondere Herausforderung dar und Patient:innen mit Tumoren im Kopf-Hals-Bereich leiden häufig lebenslang unter den irreversiblen Nebenwirkungen der Bestrahlung. Bezüglich des Ansprechens auf die Strahlentherapie haben sich HPV-positive Tumore als besonders empfindlich erwiesen und diese Patient:innen besitzen eine dementsprechend gute Prognose. Die Mechanismen hinter der erhöhten Strahlenempfindlichkeit sind noch nicht vollständig geklärt, allerdings wurde für HPV-positive Tumore bereits auf zellulärer Ebene eine erhöhte Strahlenempfindlichkeit, basierend auf einem Defekt in der Doppelstrangbruchreparatur, nachgewiesen. Während das wichtigste Ziel für Patient:innen mit HPV-positiven HNSCC eine sichere Deintensivierung der Behandlung ist, besteht das Ziel für Patient:innen mit HPV-negativen Tumoren in einer Verbesserung des Überlebens. Vorarbeiten aus dem Labor für Strahlenbiologie zeigen zudem, dass sowohl die Inhibition der DNA-Reparatur als auch die Inhibition des G2-Zellzyklus-Kontrollpunktes HNSCC-Zelllinien radiosensibilisieren kann. Die Inhibition des Enzyms PARP durch Olaparib führt zu zusätzlichen Schäden in der S- und G2-Phase; die Inhibition der Kinase Wee1 durch Adavosertib zur Hemmung der Zellzyklus-Kontrollpunkte, was zu einem vorzeitigen Eintritt in die Mitose trotz bestehender Doppelstrangbrüche, sowie zur Induktion von massivem Replikationsstress führt.
Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Dissertation die kombinierte Inhibition von PARP und Wee1 an drei strahlenempfindlichen HPV-positiven (UD-SCC-2, UM-SCC-47, UPCI-SCC-154) und drei radioresistenten HPV-negativen (HSC4, SAS, UT-SCC-60A) Zelllinien untersucht, um die strahlentherapeutische Behandlung von Patient:innen mit HNSCC zu verbessern. Die Inhibition von Wee1 führte in den HPV-positiven Zellen zu einer effektiven Aufhebung des G2-Arrestes, in den HPV-negativen Linien war der Arrest sowie seine Inhibition nur schwach ausgeprägt. Die alleinige Inhibition von PARP sowie die Zugabe von Olaparib zu Adavosertib hatten wenig Einfluss auf den G2-Arrest. In den HPV-negativen Zellen wurde bei letzterem die Reduktion des Arrestes sogar vermindert. Eine Analyse des Replikationsstressmarkers γH2AX in der Durchflusszytometrie zeigte sowohl in HPV-positiven als auch in HPV-negativen Zelllinien einen starken Anstieg der γH2AX-Signalintensität in S- und G2-Phase-Zellen nach der Inhibition von Wee1 und PARP/Wee1. Bereits eine Einzelgabe der Inhibitoren radiosensibilisierte HPV-positive und HPV-negative Zelllinien im delayed-plating Koloniebildungstest, die wirksamste Radiosensibilisierung war allerdings bei dualer Inhibition erkennbar. Die Auszählung residueller strahleninduzierter 53BP1 Reparaturfoci, als Marker für Doppelstrangbrüche in der Immunfluoreszenz, konnte zeigen, dass die Inhibition von PARP/Wee1 in den HPV-negativen Zellen zu einer erhöhten Focizahl führte, wohingegen die Anzahl der Reparaturfoci in den HPV-positiven Zellen nicht anstieg. Allerdings zeigte sich hier eine Abnahme der Foci in der G2-Phase und eine Zunahme der Focizahl in der G1-Phase. Dies deutet darauf hin, dass die Zellen trotz nicht-reparierter Doppelstrangbrüche die Mitose durchschreiten, was mit einem besonderen Risiko letaler Chromosomenaberrationen und des mitotischen Zelltodes verbunden ist. Von besonderer Bedeutung für das Zellüberleben ist, dass sich in allen verwendeten HNSCC-Zelllinien die Anzahl der nur gering geschädigten Zellen, welche die größte Überlebenswahrscheinlichkeit besitzen, nach dualer Inhibition verringerte.
Im Rahmen dieser Dissertation wird dargestellt, dass die duale Inhibition von PARP und Wee1 ein hochwirksamer Ansatz zur Radiosensibilisierung von HNSCC-Zelllinien ist. Zwar zeigten sich im Detail Unterschiede zwischen HPV-positiven und HPV-negativen HNSCC-Zelllinien, dennoch sollte dieser Ansatz bezüglich seines therapeutischen Nutzens weitergehend untersucht werden. Eine Radiosensibilisierung von HNSCC könnte die Effektivität der Strahlentherapie bei gleichzeitiger Reduktion der strahleninduzierten Nebenwirkungen ermöglichen.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/9874
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-103973
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Rieckmann, Thorsten
Rothkamm, Kai
Grüner, Florian
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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