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Titel: Tonsillektomie zur Fokussanierung bei der Psoriasis, der atopischen Dermatitis und der chronischen Urtikaria
Sprache: Deutsch
Autor*in: Schulze, Wiebke
Schlagwörter: Fokustonsillektomie; Fokussanierung; Psoriasis vulgaris; Neurodermitis; atopisches Ekzem; atopische Dermatitis; tonsillectomy; focus; tonsil; urticaria; psoriasis; palmoplantar pustulosis; atopic dermatitis
GND-Schlagwörter: Tonsillektomie
Herd
Psoriasis pustulosa
Psoriasis pustulosa palmaris et plantaris
SchuppenflechteGND
Endogenes EkzemGND
Nesselsucht
Erscheinungsdatum: 2012
Tag der mündlichen Prüfung: 2012-11-07
Zusammenfassung: 
Hals-Nasen-Ohrenärzte stehen häufig der Frage der Fokussuche gegenüber. Psoriasis, chronische Urtikaria und atopische Dermatitis sind die häufigsten fokusverdächtigen Erkrankungen aus dem Bereich der Dermatologie. Die Tonsillen sind der häufigste Fokus im HNO-Bereich. In dieser zweiteiligen Arbeit sollte untersucht werden, ob und wie der klinische Verlauf der Psoriasis, chronischen Urtikaria und der atopischen Dermatitis durch eine Tonsillektomie beeinflusst werden kann.
20 Patienten mit Psoriasis (n = 11), chronischer Urtikaria (n = 2) und atopischem Ekzem (n = 7) wurden in einer retrospektiven klinischen Studie untersucht. Im 2. Teil der Arbeit wurde der Stand der wissenschaftlichen deutsch- und englischsprachigen Literatur zur Fokus-Tonsillektomie analysiert. Anhand der Ergebnisse der Studien sollte eine eindeutige Aussage zur Effektivität der Fokus-Tonsillektomie erstellt werden.
Die Analyse unserer Patienten ergab folgende Ergebnisse: Von 11 Patienten mit Psoriasis kam es nach der Tonsillektomie nach 9,7 Jahren Beobachtungszeit bei 2 Patienten (18 %) zu einer Heilung, bei 1 Patienten (9 %) zu einer deutlichen Besserung, bei 1 Patienten (9 %) zu einer teilweisen Besserung. Bei 7 Patienten (64 %) war der Verlauf unverändert. Bei den 2 Patienten mit chronischer Urtikaria wurde nach 10,5 Jahren Beobachtungszeit eine komplette Abheilung dokumentiert. Von 7 Patienten mit atopischem Ekzem kam es nach der Tonsillektomie nach 6,3 Jahren Beobachtungszeit bei 3 Patienten (43 %) zu einer deutlichen Besserung, bei 4 Patienten (57 %) zu keiner Veränderung. Vollständige Abheilungen kamen nicht vor.
Bei der Literaturanalyse wurden 26 aussagekräftige und statistisch relevante Studien gefunden, davon 8 zur Psoriasis vulgaris (1 randomisierte kontrollierte Studie, 1 unkontrollierte prospektive Studie, 6 retrospektive Studien), 21 Studien (11 prospektive Studien, 10 retrospektive Studien) zur Pustulosis palmoplantaris, einer Unterform der Psoriasis, und eine retrospektive Studie zur chronischen Urtikaria. Zur atopischen Dermatitis wurde keine Studie gefunden.
Aufgrund der Heterogenität der Ergebnisse wurden diese in 2 Kategorien zusammengefasst: „effektiv“ (Besserung bis Heilung) und „ineffektiv“ (keine Veränderung, Verschlechterung).
Bei der Psoriasis zeigten 5 Studien effektive Tonsillektomieergebnisse in 60 % bis 77 %. 3 Studien wiesen Effektivitäten unter 60 % (42,9 %, 56,3 % und 16,7 %) auf. Die prospektiven Studien zeigten Effektivitäten von 73,3 % und 76,9 %.
Zur Pustulosis palmoplantaris zeigten die prospektiven Studien effektive Behandlungsergebnisse zwischen 72,8 % und 100 %, wobei eine Studie eine geringere Effektivität von 41,2 % aufwies. In den retrospektiven Studien war die Tonsillektomie in 83,1 % bis 100 % effektiv.
Die vorliegenden Ergebnisse der Studien zur Psoriasis weisen eine gute Wirksamkeit der Tonsillektomie auf den Erkrankungsverlauf und eine herausragende bei der Pustulosis palmoplantaris nach. Die eigene Untersuchung konnte dieses nicht eindeutig bestätigen, hatte aber auch eine relativ geringe Fallzahl, um eine statistisch signifikante Aussage zu treffen. Es fehlt ein definitiver Wirksamkeitsnachweis in Form prospektiver, randomisierter kontrollierter Untersuchungen mit einer ausreichend großen Fallzahl.
Die einzige zur Verfügung stehende retrospektive Studie zur Urtikaria (n = 23) zeigte ein effektives Ergebnis in 43,5 %. Das Ergebnis der Urtikariastudie und das der eigenen Patienten sind gegensätzlich. Aufgrund des hohen Leidensdruckes durch die Erkrankung und der häufig nachgewiesenen Infektassoziation der chronischen Urtikaria ist es lohnenswert, sowohl die Assoziation mit Streptokkentonsillitiden prospektiv kontrolliert und dementsprechend den Wert der Tonsillektomie in randomisierten kontrollierten Studien zu verifizieren.
Für die Tonsillektomie bei der atopischen Dermatitis existiert nach aktueller Datenlage keine wissenschaftliche Grundlage. Auch die Ergebnisse der eigenen Patienten konnten keinen weiteren Aufschluß zur Effektivität der Tonsillektomie geben. Da auch über den Zusammenhang mit Tonsillitiden wenig Evidenz dokumentiert ist, sollte als Grundlage zunächst dieser Zusammenhang systematisch untersucht werden. Erst wenn eine solche Assoziation nachgewiesen werden, sollte die Wirksamkeit der Tonsillektomie in randomisierten kontrollierten Studien untersucht werden.
Zusammenfassend kann man schlussfolgern, dass für die Psoriasis und ihre Unterformen und die chronische Urtikaria zwar deutliche Hinweise einer Effektivität der Tonsillektomie vorhanden sind. Aber der definitive Wirksamkeitsnachweis mittels einer statistischen Signifikanzprüfung steht aus. Hierfür muss gefordert werden, dass um eine entsprechende Fallzahl zu generieren, eine prospektive multizentrische randomisierte kontrollierte Studie durchgeführt sollte.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/4700
URN: urn:nbn:de:gbv:18-59349
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Wenzel, Sören (PD Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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