2. Recitativo (Canto)
O Nain dieser Welt,
das mit dem Schein der Herrlichkeiten
viel tausenden so wohl gefällt!
Du fäßelst zwar die ungeübten Sinnen
mit deinem Schmuck und Seltenheiten,
daher dich viele liebgewinnen.
Doch, wenn man sich in dich vergaft,
so wird man,
unter bittern Klagen,
gantz unversehens weggeraft,
und tod aus seinem Nest getragen.
Gehab dich wohl,
in deinem süßen Leide,
und höre dis von deiner Eigenschaft:
du, o schönes, nein, nein!
was könnte Schönes an dir seyn?
man muß für Schönes, Schnödes, singen,
so trifft in allen Dingen
die Deutung mit den Worten ein.
Du, o schönes Weltgebäude,
so heißet man zwar Nains Lust-Revier.
Doch glaube mir:
die Welt ist eine Residenz vom Neide,
wo Untreu, List und Tücke,
nebst wandelbar- und blindem Glücke,
die kurze Hofstatt ist.
Du aufgeputztes Todten-Bild
magst gefallen, wem du wilt:
deine scheinbarliche Freude
ist mit lauter Angst umhüllt:
und deine sanfte Rosen-Bahn
führt uns zu tausend Labyrinthen;
aus güldnen Schalen schmeckst du Coloqvinten;
du bist, doch nur zum Scheine,
mit weißer Seide angethan;
trit man was näher nur heran,
bist du ein Graus, voll Todten-Beine:
die Heucheley, die Glantz und Strahlen von sich gab,
ist nun ein übertünchtes Grab.
Denen, die den Himmel faßen,
will ich ihre Welt-Lust laßen.
Denn diese treibt auf der Begierden Meer
den unerfahrnen Jüngling hin und her,
bis ihn ihr Netz berücket.
Am Ende wirfts den todten Cörper aus,
wenn ihn die Gruft ersticket.
Diß heißt: man trägt ihn todt zur Stadt hinaus,
mich verlangt nach dir allein,
allerschönstes Jesulein.