Cum res ageretur inter tantos principes: Der Streit um das Bistum Tournai (1433 – 1438) : zu einem Kapitel französisch-burgundischer Beziehungen aus der Zeit des Konzils von Basel

  • Auseinandersetzungen um Bischofsstühle, die auf dem Basiliense zum Austrag gelangten, sind über den jeweiligen lokalen und regionalen Rahmen hinaus von Interesse. Denn zum einen wurden sie zwangsläufig in den damaligen gesamtkirchlichen Konflikt zwischen Konzil und Papst einbezogen, zum anderen standen hinter den Prätendenten weltliche Mächte, die ihrerseits den Kampf zwischen Basel und Rom zielstrebig zum Auf- und Ausbau eigener landeskirchlicher Hoheit auszunutzen suchten. In solchem Zusammenhang ist die Bedeutung des Streits um den Stuhl von Tournai recht hoch zu veranschlagen, da hier - in einer politischen und wirtschaftlichen Zentralregion des Spätmittelalters - neben den Konzilsvätern und Eugen IV. mit Frankreich und Burgund jene beiden westeuropäischen Vormächte auf den Plan traten, die gerade in den Jahren der Auseinandersetzung um den Bischofssitz mit dem Vertrag von Arras (1435) zu einem den Ausgang des Hundertjährigen Kriegs mitentscheidenden Ausgleich fanden, der indes äußerst fragil und prekär, da von stetem gegenseitigen Mißtrauen überschattet blieb. Denn die früheren Spannungen zwischen Burgund und Armagnac, die sich mit der Ermordung der Herzöge Ludwig von Orleans und Johann Ohnefurcht zu offenem Bürgerkrieg gesteigert wie zum Bündnis Burgunds mit England gefuhrt hatten, waren nicht vergessen. Dennoch kam es trotz solchen, von Argwohn und Verdächtigungen bestimmten Klimas fallweise zu kalkuliertem Einvernehmen auf Zeit, wenn dies den Beteiligten um der Wahrung eigener Interessen wilIen opportun erschien. In der Auseinandersetzung um das Bistum Tournai zeichnet sich mithin nicht nur der große kirchliche Konflikt der Zeit ab, sondern es spiegeln sich darin auch die vielen Facetten der komplex-komplizierten Beziehungen zwischen französischen und burgundischen Valois wider, auf die im ganzen der fast zeitgenössische Begriff der paix faincte zutrifft, welche der Franziskaner Pierre des Gros in seiner 1467 entworfenen Friedenstypologie dann gegeben sah, quant au dehors on monstre beau semblant et au dedans on ha haine de cestepaix. ...

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Metadaten
Author:Heribert Müller
URN:urn:nbn:de:hebis:30-52225
ISBN:3-486-56078-6
Parent Title (German):Studien zum 15. Jahrhundert : Festschrift Erich Meuthen, hg. v. Johannes Helmrath u.a., Bd. 1
Publisher:Oldenbourg
Place of publication:München
Document Type:Part of a Book
Language:German
Date of Publication (online):2008/04/04
Year of first Publication:1994
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2008/04/04
First Page:231
Last Page:253
Source:In: Studien zum 15. Jahrhundert : Festschrift Erich Meuthen, hg. v. Johannes Helmrath u.a., Bd. 1, S. 231–253
HeBIS-PPN:197567266
Institutes:Philosophie und Geschichtswissenschaften / Geschichtswissenschaften
Dewey Decimal Classification:9 Geschichte und Geografie / 94 Geschichte Europas / 940 Geschichte Europas
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht