Akute psychoneuroendokrine Effekte auf sexuelle Erregung und Orgasmus bei Sexualstraftätern

Die Forschungsarbeiten zum Einfluss des Neuroendokriniums auf das appetitive und konsumatorische Sexualverhalten beim Menschen belegen bis dato eine zentrale Rolle der Prolaktin-Plasmakonzentration. Es konnte ein spezifisches neuroendokrines Antwortmuster auf sexuelle Erregung und Orgasmus postuliert werden, welches nach dem Orgasmus einen substantiellen Prolaktinanstieg im Blut aufweist. Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung der postorgastischen hormonellen Veränderungen für die zuvor belegte Steuerung von sexueller Appetenz anhand einer Patientengruppe mit erhöhtem sexuellem Verlangen. In dieser Studie wurden aus einer Gruppe von 150 Patienten 10 freiwillige Probanden im Alter von 24-55 Jahren rekrutiert; diese wurden mittels eines semistrukturierten Interviews, nach Kriterien wie „starke Sexualisierung“ oder „hohe Masturbationsfrequenz“, ausgesucht. Alle Patienten waren auf Grund von wiederholten Sexualstraftaten im Rahmen des Maßregelvollzugs im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt in psychiatrischer Behandlung. Im cross-over Design wurden kontinuierlich die akuten neuroendokrinen Effekte sexueller Erregung vor, während und nach masturbations-induziertem Orgasmus mittels Blutabnahme gemessen und mit gesunden, altersgematchten Kontrollprobanden verglichen. Zusammengefasst zeigte die Gruppe der Sexualstraftäter ein stärkeres sexuelles Verlangen und eine positiver empfundene Refraktärphase. Beide Gruppen präsentierten nach dem Orgasmus einen ähnlich ausgeprägten, signifikanten Plasmaprolaktinanstieg. Die Sexualstraftäter wiesen insgesamt ein mit dem der gesunden Probanden identisches neuroendokrines Antwortmuster auf sexuelle Erregung und den Orgasmus auf. Die hier vorliegenden Daten demonstrieren, dass Sexualstraftäter mit verstärktem sexuellem Trieb sich hinsichtlich der postorgastischen neuroendokrinen Antwort, speziell der peripheren Prolaktinkonzentration, nicht von gesunden Männern gleichen Alters unterscheiden. Dies expliziert, dass nicht die orgasmus-induzierten peripheren endokrinen Veränderungen alleine, sondern vor allem zentrale Transmittersysteme an der Modulation devianten Sexualverhaltens beteiligt sind.

Vorschau

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten