Entwicklungslinien der Braunkohlekraftwerkstechnik

In dieser Arbeit werden zwei neue Entwicklungslinien von braunkohlenbefeuerten Großkraftwerken mit dem aktuellen Stand der Technik verglichen. Um eine direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse für die betrachteten Prozesse zu gewährleisten, werden alle thermodynamischen Auslegungsrechnungen und Analysen mit gleichermaßen detaillierten Berechnungsmodellen und vergleichbaren Annahmen durchgeführt. Die Bewertung der Prozesse umfasst neben den Wirkungsgradpotenzialen auch die Eigenschaften der Kraftwerksprozesse hinsichtlich Umwelt- und Ressourcenschonung. Um neben den technischen und ökologischen Chancen der fortschrittlichen Kraftwerke auch ökonomische Risiken bewerten zu können, ist eine Abschätzung der Grenzen der Wirtschaftlichkeit auf Basis einfacher betriebswirtschaftlicher Methoden enthalten. Dabei wird der jeweilige Wirkungsgradvorteil einer Maßnahme in Form einer zulässigen Mehrinvestition und einer zulässigen Minderung der Arbeitsverfügbarkeit unter der Annahme konstanter Stromgestehungskosten ausgedrückt. Als Referenzkraftwerk dient ein Dampfkraftwerk mit einem Nettowirkungsgrad von 44,5 % mit überkritischen Frischdampfparametern (580 °C/27,4 MPa) und einfacher Zwischenüberhitzung (600 °C/ 5,4 MPa). Unter der Annahme von spezifischen Investitionen von 1185 EUR/kW und einem Braunkohlenpreis von 9,05 EUR/t werden für das Referenzkraftwerk Stromgestehungskosten von 2,84 Cent/kWh ermittelt. Pro erzeugte Kilowattstunde elektrischer Arbeit werden 706 g Braunkohle benötigt und 782 g CO2 emittiert. Im ersten Teil des Vergleichs wird dem Referenzkraftwerk das Entwicklungspotenzial des Dampfkraftprozesses gegenübergestellt. Wichtige Verbesserungsmaßnahmen stellen der Einsatz effektiverer Trocknungsverfahren, Verbesserungen der Dampfturbine, Steigerung der Frischdampfparameter und Optimierung des Kondensatordrucks bzw. wenn möglich, der Übergang auf Meerwasserkühlung, dar. Bei Umsetzung aller Maßnahmen ließe sich der Nettowirkungsgrad eines Dampfkraftwerks auf 56,4 % steigern. Bei unveränderten Stromgestehungskosten dürfte die Mehrinvestition für das weiterentwickelte Kraftwerk 92 EUR/kW betragen oder bei gleichen Investitionen die Verfügbarkeit um 575 h/a sinken. Die zweite betrachtete Entwicklungslinie stellt ein Kombi-Kraftwerk mit Druckkohlenstaubfeuerung und Hochtemperaturgasreinigung dar. Unter der Voraussetzung der Realisierbarkeit aller kritischen Komponenten wird ein Konzept für ein Großkraftwerk mit Druckkohlenstaubfeuerung von Braunkohle vorgestellt. Der Nettowirkungsgrad des Prozesses beträgt 57,6 %. Ausgehend von dieser Basis-Auslegung wird der qualitative und quantitative Einfluss wichtiger Anlagenparameter thermodynamisch untersucht. Basierend auf den Erkenntnissen der durchgeführten Analysen wird das weitere Entwicklungspotenzial des druckkohlenstaubbefeuerten Kombi-Prozesses abgeschätzt. Auf Basis der dokumentierten Chancen und Risiken ist somit eine fundierte Einschätzung des zukünftigen Entwicklungspotenzials der betrachteten Kraftwerksprozesse für Braunkohle möglich. Insgesamt führen die Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass der Einsatz des Kombi-Prozesses für die Verstromung von Braunkohle zu Wirkungsgraden führt, die durch Weiterentwicklungen des konventionellen Dampfkraftwerks voraussichtlich nicht erreichbar sein werden. Die Umsetzung der DKSF-Technologie hat somit auch für Braunkohle eine besondere Bedeutung. Für beide Entwicklungslinien der Braunkohlekraftwerkstechnik stellt gleichermaßen der Einsatz effektiver Verfahren zur Reduzierung des Wassergehaltes der Rohbraunkohle eine Grundvoraussetzung zur ressourcenschonenden und umweltverträglichen Stromerzeugung dar.

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