Inszenierte Industrie in der postindustriellen Stadt : Vom Umgang mit stillgelegten Industrieanlagen

Zentrales Thema der Arbeit ist der Umgang mit stillgelegten Industrieanlagen in städtischen Strukturen und deren Präsentation in den Medien. Positionen und Tendenzen in der Umnutzung von altindustrieller Bebauung, die Vermarktung und Inszenierung herausragender Exemplare werden dargestellt und analysiert. Industriebauten und Brachen sind über das Ruhrgebiet verteilt. Altindustrie taucht, vor allem durch eine gewisse Bandbreite an Bauten vertreten, in den Medien auf. Diese begrenzte Auswahl an Industrieorten wird durch ihre Medienpräsenz zum industriekulturellen Kanon. Der Leerstand der Anlagen reizt dazu, diese mit anderen Inhalten zu füllen. Weil sie nicht transportabel sind, umgibt man sie mit einer neuen, künstlichen und künstlerisch gestalteten Industriegeschichtliche Bauten und Orte werden vermehrt und zunehmend ausschliesslich als Kulisse für kulturelle Events genutzt: von der Operninszenierung bis zum Rockkonzert, als Ort der inszenierten Freizeitgestaltung. Der Werbebetrieb für ehemalige Industrieregionen und das Image und die Identität dieser Gebiete begr¨ unden und unterstützen sich wechselwirkend. Die Strategien und die Intensität von Stadtmarketing sind nicht nur ein Resultat, sondern auch eine wesentliche Ursache der Konkurrenz zwischen den Kommunen. Als prägender Faktor von Umnutzungsprojekten stellt sich Gentrification dar – die Ausrichtung der entsprechenden Planungsarbeiten aufgrund des Geschmacks und der spezifischen Vorlieben sozialer Eliten. Als Beispiele für den Umgang mit den stillgelegten Industriebauten, die zu Landmarken geworden sind, stehen in dieser Arbeit das Ensemble der Zeche und Kokerei Zollverein und der Landschaftspark Duisburg-Nord. Für den Erhalt der meisten stillgelegten Industrieanlagen wird argumentiert, dass sie für die örtliche und auch regionale Identität wesentlich seien. Dabei steht der Anverwandlung dieser Relikte an die Gegenwart einÜberangebot von ehemaligen Industriestätten gegen über – die Ensembles, Halden und auch die Brachflächen bestimmen schlicht durch ihr zahlreiches Vorhandensein das Stadtbild. Andere Elemente der örtlichen und regionalen Vergangenheit sind demgegen¨ uber wesentlich unauff¨ alliger und werden nur wenig betont. Die industriegeschichtliche Vergangenheit der Region wird kaum historisch kritisch bearbeitet und dokumentiert – vielmehr ist die Inszenierung von ausgewählten Aspekten der montan-industriellen Vergangenheit festzustellen. Die als Landmarken inszenierten Industrieanlagen stellen eine Auswahl aus der noch erhaltenen Industriebebauung dar, deren Gestaltung und Inszenierung nur in verklärender Reduktion an das Industriezeitalter erinnert.

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