Konkrete Charaktertafeln und kompatible Charaktere : Vorlesungen aus dem Fachbereich Mathematik der Universität Essen ; 30
Im Bezug auf ihr Hauptergebnis, einen neuen EXISTENZBEWEIS FÜR DIE
RUDVALIS-GRUPPE, lässt sich die vorliegende Arbeit als Beitrag zur
Revision der Literatur über die sporadischen einfachen Gruppen
verstehen.
Tatsächlich würde eine derartige Einordnung mehr als die Hälfte des
Inhalts thematisch unterschlagen; genau diesem Effekt entgegenwirken
soll der alles andere als direkt auf das Klassifikationsprojekt der
einfachen endlichen Gruppen hinweisende Titel "Konkrete Charakter-
tafeln und kompatible Charaktere".
Kapitel 2 beschreibt einen Algorithmus von Gerhard O. Michler, welcher
prinzipiell die Möglichkeit der uniformen Konstruktion aller 26 be-
kannten und laut Klassifikationssatz einzigen sporadischen einfachen
Gruppen in sich birgt.
Von zwei Gruppen G und H mit isomorphen Untergruppen U <= G und V <= H
ist dabei an einem gewissen Punkt zu entscheiden, ob sie innerhalb
einer gemeinsamen Obergruppe mit zu U bzw. zu V isomorphem Schnitt
auftreten können. Eine darstellungstheoretische Umformulierung dieser
Frage führt auf den allgemeinen Begriff der KOMPATIBILITÄT ZWISCHEN
CHARAKTEREN zweier verschiedener Gruppen.
Wie sich herausstellt, reicht es für einen Test auf Kompatibilität
aber nicht aus, Charaktere als von der ihnen zugrunde liegenden Gruppe
losgelöste, abstrakte mathematische Objekte aufzufassen. Wesentliche
Faktoren sind vielmehr die konsistente Identifikation der irreduziblen
Charaktere von U mit denen von V sowie die Fusion der Konjugierten-
klassen von U in G bzw. von V in H.
Kapitel 3 behandelt Konzepte und Methoden, um eine einmal bestimmte
KONKRETE CHARAKTERTAFEL durch die Bindung an ein lexikographisch
standardisiertes Repräsentantensystem für die Konjugiertenklassen der
jeweiligen Gruppe G problemlos auf isomorphe Kopien von G übertragen
zu können und die funktionelle Verbindung zwischen Tafel und Gruppe
unabhängig von der verwendeten Computeralgebra-Software dauerhaft zu
fixieren.
Die mit Abstand effizienteste Strategie bei der SUCHE NACH ALLEN
PAAREN kompatibler Charaktere, deren Grad eine gegebene Schranke nicht
übersteigt, ist ohne Zweifel ihre planmäßige Konstruktion aus irredu-
ziblen Bestandteilen.
Da sich dieses Vorhaben jedoch als echte kombinatorische Herausforde-
rung erweist, wird in Kapitel 4 zunächst ein graphentheoretisches Mo-
dell des Kompatibilitätsbegriffs kreiert, welches die ursprünglich
rein verbale Aufgabenstellung einer formalen Spezifikation zugänglich
macht und obendrein auch noch den adäquaten Lösungsweg aufzeigt: einen
Backtracking-Algorithmus.
Sämtliche der in Kapitel 3 und 4 entwickelten Verfahren wurden vom Autor in den systemeigenen Sprachen gängiger Computeralgebrapakete - GAP4 oder / und MAGMA - implementiert und getestet. Die entsprechenden Funktionen und Prozeduren sind gemäß den Richtlinien der GNU General Public License (Version 2, Juni 1991) frei verfügbar und stehen in Form der drei Dateien
ccs.gap (c_onjugacy c_lass s_ystems unter GAP4),
ccs.mag (c_onjugacy c_lass s_ystems unter MAGMA),
scp.mag (s_earch c_ompatible p_airs unter MAGMA)
jeweils im ASCII-Format zum Download bereit (siehe unter "Details").
(Anm.: Unter Win xx: die txt-, gap-, und mag-Dateien am besten mit WordPad öffnen!)
Ein komplexes ANWENDUNGSBEISPIEL dokumentiert schließlich Kapitel 5
mit dem schon erwähnten Existenzbeweis für die Rudvalis-Gruppe.