Klassischer Grenzfall, Semiklassik und Quantenchaos bei kollektiv gekoppelten n-Niveau-Atomen

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Quantenmechanik und dem klassischen Grenzfall von n-Niveau-Atomen mit kollektiver Wechselwirkung. Der klassische Grenzfall wird erreicht, wenn die Anzahl der Atome gegen unendlich geht. Die makroskopischen Observablen von kollektiv wechselwirkenden n-Niveau-Atomen sind die Besetzungszahlen der Niveaus und die Kohärenzen, die durch Operatoren beschrieben werden, die jeweils ein Niveau in ein anderes ­ uberf­ uhren. Diese makroskopischen Observablen haben die gleichen Vertauschungsrelationen wie die Erzeuger der Lie-Gruppe SUn . Die Lie-Gruppe SUn spielt eine große Rolle sowohl für die quantenmechanische Dynamik als auch für den klassischen Grenzfall. Nach der Einführung in die bekannte quantenmechanische Beschreibung von n-Niveau-Atomen, der zugehörigen makroskopischen Observablen und der Hilbert-Räume werden kohärente Zustände definiert, die eng mit der Lie-Gruppe SUn verknüpft sind. Die generelle Struktur der kohärenten Zustände und des klassischen Grenzfalles sind seit längerem bekannt. Um die Eigenschaften der kohärenten Zustände explizit anzugeben, werden in dieser Arbeit einige Enflechtungs- und Umordnungstheoreme bewiesen. Unter Verwendung kohärenter Zustände wird dann der klassische Grenzfall unendlich vieler n-Niveau-Atome behandelt, bei dem die Heisenberg-Gleichungen für quantenmechanische operatorwertige Observablen in die Hamiltonschen Gleichungen der klassischen Mechanik übergehen. Kollektiv gekoppelte n-Niveau-Atome haben einen kompakten klassischen Phasenraum und daher quantenmechanisch einen Hilbert-Raum mit endlicher Dimension. Damit eignen sich diese Systeme sehr gut für Untersuchungen von quantenmechanischen Signaturen von Chaos und Integrabilität. Der Fall n = 2 ist in dieser Hinsicht bereits sehr gut untersucht worden. Der klassische Phasenraum ist in diesem Fall zweidimensional (die Oberfläche einer Kugel), so daß chaotische Dynamik nur dann möglich ist, wenn das System periodisch getrieben wird. Will man Chaos in einer autonomen Dynamik von n-Niveau-Atomen finden, muß man den Fall n >= 3 betrachten. Diese Systeme besitzen in ihrer Struktur zusätzlichen Reichtum gegenüber n = 2. Für n = 3 ist die Dimension des klassischen Phasenraums entweder vier oder sechs. Bei den verschiedenen Routen zum klassischen Grenzfall und den sich daraus ergebenden verschiedenen Dimensionen des klassischen Phasenraums stellt sich die Frage, ob es möglich ist, einen Hamilton-Operator zu konstruieren, der neben der Energie noch genau eine weitere Bewegungskonstante hat, so daß die klassische Dynamik im vierdimensionalen Phasenraum integrabel ist, jedoch nichtintegrabel wird, wenn der klassische Grenzfall in einem sechsdimensionalen Phasenraum vollzogen wird. Einige Beispiele für solche Hamilton-Operatoren werden in dieser Arbeit angegeben und die quantenmechanischen Signaturen von Chaos und Integrabilität werden untersucht. Auf die Niveaudynamik für einparametrige Familien von Hamilton-Operatoren H(--) wird ebenfalls eingegangen. Dabei wird eine ausführliche Diskussion des Status von deutlich vermiedenen und von echten oder schwach vermiedenen Kreuzungen im chaotischen und integrablen Regime durchgeführt. Im abschließenden Kapitel wird eine semiklassische Methode zur Bestimmung des Spektrums untersucht. Üblicherweise bestimmt man das Spektrum semiklassisch ­ uber die von M. C. Gutzwiller entdeckte Spurformel für die Niveaudichte. In die Gutzwillersche Spurformel geht eine Summe ­ uber alle periodischen Bahnen einer gegebenen Energie ein. Die Summe über alle periodischen Bahnen birgt jedoch erhebliche Schwierigkeiten. So wächst die Anzahl der periodischen Bahnen bei chaotischer Dynamik exponentiell mit der Länge der Periode { man spricht von exponentieller Proliferation. Damit ist einerseits die Konvergenz in Frage gestellt, andererseits ist es numerisch nicht lösbares Problem, alle periodischen Bahnen zu finden. Es ist bekannt, daß man nicht alle periodischen Bahnen braucht, um das Spektrum aufzulösen, sondern nur alle periodischen Bahnen, deren Periode kürzer ist als die sogenannte Heisenberg-Zeit fi H . Die Heisenberg-Zeit ist durch die mittlere Niveaudichte j bestimmt. Damit gehen nur endlich viele periodische Bahnen in die semiklassische Spurformel ein. Im allgemeinen bleibt es jedoch auch dann äußerst aufwendig (wenn nicht unmöglich), alle notwendigen periodischen Bahnen numerisch zu finden. Eine effizientere Methode für die semiklassische Bestimmung des Spektrums könnte darin bestehen, das Spektrum eines autonomen Systems aus der semiklassischen Spur des zeitabhängigen Propagators u(t) = P k exp( ~ ) zu bestimmen. Im Prinzip braucht man in einem N-dimensionalen Hilbert-Raum die Spur des Propagators u(t) nur an N 2 Fußpunkten t k bestimmen, um alle Informationen über das Spektrum zu besitzen. Es stellt sich die Frage, wie groß die Zeiten t k tatsächlich dann gewählt werden muß. Diese Methode wird am Beispielsystem zweier gekoppelter Drehimpulsvektoren untersucht. In dieser Arbeit konnte nur die Durchführbarkeit der semiklassischen Methode gezeigt werden. Die Untersuchung der Effizienz verlangt nach anderen Systemen, für die es einfacher ist, die periodischen Bahnen aufzufinden.

Vorschau

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten