Die Praxis der ambulanten Pflege aus der Perspektive einer Pflegekraft : Herausforderungen, Möglichkeiten und Grenzen der ambulanten Pflege unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltung des Verhältnisses zu den Angehörigen pflegebedürftiger älterer Menschen ; eine qualitative Studie

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Praxis ambulanter Pflege. Beleuchtet wird die Personalperspektive. Die Aufmerksamkeit gilt der beruflichen Erfahrungswelt von Pflegekräften, die Arbeit in häuslichen Pflegearrangements leisten. Deren berufliche Erfahrungen mit der Gestaltung des Verhältnisses zu den Angehörigen pflegebedürftiger älterer Menschen stehen im Mittelpunkt der Untersuchung. Gelingt der Aufbau von Unterstützungsnetzwerken, in denen informelle Unterstützungsleistungen der Angehörigen mit formellen Unterstützungsleistungen der Pflegekräfte verwoben sind? Für die Zwecke dieser Arbeit wurden Daten einer Studie ausgewertet, die in den Jahren vor der Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung durchgeführt worden ist: Jene KASSELer Pflegedienst-Studie (1988 - 1990) war seinerzeit in nationale und internationale Forschungszusammenhänge eingebettet. Sie bietet sog. qualitatives Datenmaterial (Leitfadeninterviews), das nicht nur auf die allgemeine berufliche Handlungspraxis, sondern auch auf einzelne Fallgeschichten (acht!) bezogen ist. Die vorliegende Untersuchung zeigt: Die Pflegekraft leistet Berufsarbeit in Situationen, die von Komplexität und Kontingenz gekennzeichnet sind. Das Spannungsfeld aus Sozialpolitik und Recht, ambulanter Pflegeorganisation, Pflegeausbildung, Pflegeberuf und privaten Pflegehaushalten steckt die Rahmenbedingungen für die Auftragserledigung ab. Sie ist gefordert, auf Basis von Bedarfsprüfungen an der Entwicklung individualisierter Unterstützungsarrangements zu arbeiten. Dreh- und Angelpunkt für die Entwicklung individualisierter Unterstützungsarrangements ist die Interaktion mit Angehörigen pflegebedürftiger älterer Menschen. Der Aufbau eines Unterstützungsnetzwerks, das sich durch eine fallspezifische Verflechtung von formellen und informellen Unterstützungsleistungen auszeichnet, stellt eine an der Nahtstelle zwischen ambulanter Pflegeorganisation und Pflegehaushalt zu bewerkstelligende Gestaltungsaufgabe dar, deren erfolgreiche Erledigung voraussetzungsvoll ist und sich nicht garantieren lässt. Die vorliegende Arbeit, die sich mit der Praxis ambulanter Pflege in der Zeit vor Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung befasst, fordert und fördert den Vergleich mit der Praxis ambulanter Pflege im Zeitalter der gesetzlichen Pflegeversicherung. Sie verdeutlicht: Die Erfordernisse der Berufspraxis sind in vielen Hinsichten gleich geblieben. Der Druck auf die Interaktion zwischen Pflegekräften und pflegenden Angehörigen hat mit Einführung des regulierten Pflegemarktes erheblich zugenommen. Ökonomisierte und bürokratisierte Pflegeangebote sind zu einem Negativmerkmal ambulanter Pflege geworden. Das Handlungsproblem auf Seiten der Pflegekräfte ist geblieben: die Entwicklung von Unterstützungsnetzwerken, in denen informelle Unterstützungsleistungen von Angehörigen und formelle Unterstützungsleistungen von Pflegekräften auf individualisierte Weise verflochten sind. Aber die Handlungsspielräume, an der Problemlösung zu arbeiten, haben sich verengt. In der Arbeit werden Anknüpfungspunkte aufgezeigt, die der Diskussion um die Zukunft häuslicher Pflegearrangements in Gestalt der ebenso klassischen wie aktuellen wissenschaftlichen Debatte um Strategien der Förderung und Stabilisierung informeller Unterstützungsleistungen zur Verfügung stehen.

This research study illustrates the practice of outpatient care from the working perspective of a nurse. It refers to the working experience of nurses working within home care arrangements. Their professional experiences with the forming of relationships with the relatives of dependent older people are the focus of this investigation. Is the building of support networks successful, in which informal support services from caretaking family members are intertwined with formal support services of nurses? For the purposes of this study data were analyzed from a study that was conducted in the years before the introduction of the obligatory nursing care insurance: That KASSEL Nursing Study (1988 - 1990) was embedded at the time in national and international research relationships. It offers qualitative data in form of semi-structured interviews, not only about the general professional work practice, but also at micro level in form of eight different case studies of home care arrangements. This research study shows that the nurse provides professional work in situations that are defined by complexity and contingency. The tension between social policy, social laws, ambulatory care organizations, nursing education, nursing work and private household nursing sets out the framework of that work. It is required to develop individualized support arrangements on the basis of evaluation of needed requirements. The central point for the development of individualized support arrangements is the interaction with the relatives of dependent older people. Building a support network, which is characterized by a case-specific integration of formal and informal support services, represents the interface between organizing outpatient care and private household nursing that is needed to accomplish the necessary tasks, whose successful completion is prerequisite, but cannot be guaranteed. This study shows the practice of outpatient care in the period before the introduction of nursing care insurance and encourages comparison with the practice of outpatient care in the age of obligatory legal insurance. It illustrates that the requirements of professional practice are in many ways still the same. The pressure on the interaction between nurses and caretaking family members has increased significantly with the introduction of a regulated care market. Economized and bureaucratic care services have become a negative feature of outpatient care. The action problem on the part of nurses has remained: the development of support networks, in which informal assistance from caretaking family members and formal support services provided by nurses are intertwined in individualized ways. But the leeway to work on problem solving has narrowed. This study identifies entry points for the classic and still current scientific debate about future development of home care arrangements.

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