Visualisieren naturwissenschaftlicher Sachverhalte : Der Einsatz von vorgegebenen und selbst generierten Visualisierungen als Textverstehenshilfen beim Lernen aus naturwissenschaftlichen Sachtexten

Lernende sind häufig mit den kognitiven Anforderungen, die das verstehende Lesen eines komplexen und schwierigen Sachtextes an sie stellt, überfordert (Baumert et al., 2001; Kintsch & van Dijk, 1978; Schnotz, 1994, 2003). Ziel dieser Arbeit war es daher zu untersuchen, inwiefern das verstehende Lesen eines naturwissenschaftlichen Sachtextes durch den Einsatz von Visualisierungen als Textverstehenshilfen gefördert werden kann. Basierend auf den Theorien zum multimedialen Lernen (Mayer, 2001, 2005; Schnotz, 2005; Schnotz & Bannert, 2003) können Visualisierungen zum einen zu einem Text vorgegeben werden. Basierend auf den Modellen zum selbstregulierten Lernen (z. B. Boekaerts, 1997, 1999; Leutner & Leopold, 2006; Weinstein & Mayer, 1986; Zimmerman, 2001) können Visualisierungen zu einem Text aber auch vom Lernenden selbstständig generiert werden (sog. Strategie des selbstständigen Visualisierens; vgl. Alesandrini, 1984; van Meter & Garner, 2005). Eine Betrachtung der empirischen Forschungslage zeigte, dass der Forschungsfokus vor allem auf dem Lernen mit Text und vorgegebenen Visualisierungen liegt, und zwar in dem Sinne, dass zahlreiche empirische Studien die Wirksamkeit von vorgegebenen Visualisierungen auf das Textverstehen sowie den Nutzen verschiedener instruktionaler Gestaltungsprinzipien belegen konnten (vgl. Carney & Levin, 2000; Mayer, 2001). Die Forschung zum Lernen mit selbst generierten Visualisierungen konnte hingegen noch keine eindeutigen Belege für oder gegen die Wirksamkeit selbst generierter Visualisierungen auf das Textverstehen und dementspre-chend auch keine instruktionalen Gestaltungsprinzipien aufzeigen. Anhand von vier experi-mentellen Studien wurde daher in dieser Arbeit die Wirksamkeit dieser beider Arten des Ein-satzes von Visualisierungen als Textverstehenshilfe in papierbasierten und in computerbasier-ten Lernumgebungen untersucht. Die Ergebnisse replizieren den Befund, dass vorgegebene Visualisierungen zu einem Text geeignete Verstehenshilfe beim Lernen aus einem Sachtext darstellen. Bezogen auf die instruktionale Gestaltung des Lernens mit vorgegebenen Visuali-sierungen ergeben sich Hinweise darauf, dass eine vorgegebene fixierte Lernzeit im Vergleich zu einer lerner-bestimmten Lernzeit förderlich für das Textverständnis sein könnte. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass auch das selbstständige Generieren von Visualisierungen zu einem Text eine geeignete Verstehenshilfe beim Lernen aus einem Sachtext ist, wenn Ler-nende in der Lage sind, qualitativ gute Visualisierungen zu erstellen, ohne sich bei diesem Visualisierungsprozess kognitiv zu überlasten. Die Qualität der selbst generierten Visualisie-rungen zu einem Sachtext erweist sich hierbei als geeigneter Prädiktor für das aus dem Text erworbene Verständnis. Bezogen auf die instruktionale Gestaltung des Lernens mit selbst ge-nerierten Visualisierungen ergeben sich Hinweise darauf, dass Lernende nicht nur von einer instruktionalen Unterstützung während des Zeichenprozesses in Form vorgegebener Bildele-mente und Zeichenhintergründe profitieren, sondern zudem auch eine ausreichende Lernzeit benötigen. Zusammengefasst belegen die Ergebnisse dieser Arbeit demzufolge nicht nur das aus der Literatur bekannte Multimedia Principle (Mayer, 2001; 2005), sondern bieten Hinwei-se für die Formulierung eines Generative Drawing Principle sowie eines Prognostic Drawing Principle.
Students reading complex and difficult expository texts do often have problems with the cog-nitively highly demanding processes of text comprehension (Baumert et al., 2001; Kintsch & van Dijk, 1978; Schnotz, 1994, 2003). Thus, the purpose of the present thesis was to study the use of visualizations as aids for comprehension in learning from science text. On the one hand, based on multimedia learning theories (e.g., Mayer, 2001, 2005; Schnotz, 2005; Schnotz & Bannert, 2003), visualizations can be provided by simply adding them to a text. Accordingly, several studies showed the benefits of multimedia learning on text comprehension and yielded some guidelines on how to design beneficial multimedia instructional messages (e.g., Carney & Levin, 2000; Mayer, 2001). On the other hand, based on models of self-regulated learning (e.g., Boekaerts, 1997, 1999; Leutner & Leopold, 2006; Weinstein & Mayer, 1986; Zimmerman, 2001), visualizations can also be generated by students’ themselves (the so-called “learner-generated drawing strategy”; e.g., Alesandrini, 1984; van Meter & Garner, 2005). Research on learner-generated visualizations, however, has produced somewhat inconsistent empirical findings: Some studies showed positive effects of learner-generated visualizations on text comprehension, whereas others did not. Thus, research on learner-generated visualizations has not provided instructional design guidelines so far. Therefore, four experimental studies were conducted, aimed at investigating the effectiveness of both provided and learner-generated visualizations with respect to an optimal instructional design. These studies were conducted within paper-pencil-based as well as within computer-based learning environments. First, results of the studies replicated the benefits of provided pictures as aid for science text comprehension. Thereby, results suggest the assumption that a limited and fixed amount of learning time, compared to an unlimited, learner-controlled amount of learning time, is more helpful for text comprehension. Second, results showed that learner-generated visualizations are an appropriate aid for text comprehension, given that students generate visualizations of high quality and that they are not overloaded by the cognitive demands of the mechanics of the generation activity. In this regard the quality of students’ visualizations during learning proved to be an appropriate predictor of their text comprehen-sion. Concerning the instructional design, results provide an indication that the generation process can be adequately instructionally supported by giving students a drawing prompt (showing a partly pre-drawn background and all the relevant elements) as well as a sufficient amount of learning time for generating their visualizations. In sum, results of this thesis do not only provide evidence for the well known Multimedia Principle (Mayer, 2001, 2005) but also refer to a Generative Drawing Principle as well as to a Prognostic Drawing Principle.

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