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Absetzen, hinzufügen oder ändern? Dynamik medikamentöser Verordnungen bei älteren multimorbiden Patienten mit Multimedikation in der Hausarztpraxis
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Published: | November 18, 2014 |
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Hintergrund: Zur Unterstützung der Angemessenheit der medikamentösen Verordnung bei älteren multimorbiden Patienten mit Multimedikation wurde die PRIMUM Intervention entwickelt, pilotiert [1], [2], [3] und in einem Cluster-RCT auf Wirksamkeit geprüft (BMBF-Fkz: 01GK0702, ISRCTN99526053). Auf der Basis der Daten der Hauptstudie wurden Änderungen medikamentöser Verordnungen (VO) im zeitlichen Verlauf untersucht, da darüber bislang nur wenig bekannt ist [4].
Material und Methoden: Anhand der Medikationsdaten ärztlicher VO bei 505 Patienten (≥60 J., ≥3 chronische Erkrankungen, ≥5 Medikamente) aus 72 Hausarztpraxen an Baseline (T0), 6 (T1) und 9 (T2) Monate nach Baseline identifizierten wir Änderungen, die wir modifiziert nach [4] klassifizierten: Addition, Absetzen eines Wirkstoffs oder Austausch innerhalb der Arzneistoffklasse (bezogen auf 5-stelligen ATC code); Änderung der Wirkstärke, der Gesamttagesdosis, des Dosierungsintervalls, des Einnahmezeitpunkts, der Tablettenteilung sowie der Darreichungsform an T1 vs. T0 (Δ1) und T2 vs. T1 (Δ2); zudem: Neustart eines zuvor abgesetzten Wirkstoffs an T2 vs. T1 vs. T0. Die Medikations-Reviews wurden von einer Pharmazeutin durchgeführt (FvB). Alle Daten werden deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: Die Patienten waren im Median 72 J. alt, 52% weiblich und erhielten im Median 8 (IQR 6-9) Medikamente in 9 (IQR 7-11) Einzeldosen. Insgesamt wurden in ∆1 N=4550 und in ∆2 N=4124 VO untersucht, davon wurden 46% in 6 Monaten (∆1) und 32% in den folgenden 3 Monaten (∆2) verändert. Etwa 2/3 der VO-Änderungen betrafen Wirkstoffe (zumeist An-/ Absetzen), ca. 1/3 die Dosierungen (Einnahmezeitpunkte häufiger als Tagesdosen). Ca. jede 10. VO-Änderung an ∆2 war eine wieder angesetzte VO aus ∆1. Die Anzahl der VO-Änderungen pro Patient lag im Mittel bei 4,2 (STD 3,0) in ∆1 sowie bei 2,7 (STD 2,5) in ∆2, wobei jeweils bis zu 14 VO-Änderungen beobachtet wurden
Schlussfolgerung: Hausärzte veränderten die medikamentösen VO bei älteren multimorbiden Patienten mit Multimedikation unerwartet häufig, überwiegend durch An- und Absetzen von Medikamenten. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Ergebnisse zu verifizieren.
Literatur
- 1.
- Muth C, Werner B, Harder S, Haefeli WE, Rochon J, Guethlin C, Ziegemeyer A, Beyer M, Erler A, Gerlach FM, et al. PRIorisierung und Optimierung von MUltimedikation bei Multimorbidität (PRIMUM, BMBF-Fkz: 01GK0702): Intervention und Studiendesign der cluster-randomisierten Pilotstudie waren praktikabel [abstract]. Z Allg Med. 2010;86:52.
- 2.
- Namyst A, Ziegemeyer A, Guethlin C, Werner B, Harder S, Haefeli WE, Rochon J, Beyer M, Erler A, Gerlach FM, et al. Eine komplexe Intervention bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation war in der Hausarztpraxis praktikabel: die Perspektive von Hausärzten/innen in einer cluster-randomisierten Pilotstudie (PRIMUM; BMBF-Fkz: 01GK0702) [abstract]. Z Allg Med. 2010;86:89.
- 3.
- Ziegemeyer A, Guethlin C, Werner B, Harder S, Haefeli WE, Rochon J, Beyer M, Erler A, Gerlach FM, van den Akker M, et al. Eine komplexe Intervention bei älteren, multimorbiden Patienten mit Multimedikation war in der Hausarztpraxis praktikabel: die Perspektive von Medizinischen Fachangestellten in einer cluster-randomisierten Pilotstudie (PRIMUM; BMBF-Fkz: 01GK0702) [abstract]. Z Allg Med. 2010;86:80.
- 4.
- Lam KD, Miao Y, Steinman MA. Cumulative changes in the use of long-term medications: a measure of prescribing complexity. JAMA Intern Med. 2013;173(16):1546-7.